Autor Thema: Fragen & Antworten zur Fütterung  (Gelesen 73224 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 60 am: 14. April 2016, 14:22 Uhr »
Meerschweinchen konnten sich die ständig nachwachsenden Zähne einschließlich der ewig nachwachsenden Backenzähne nur deshalb leisten, weil ihre Nahrung äußerst kalziumreich war, daran hat sich eigentlich erst im letzten halben Jahrhundert etwas geändert.
Meerschweinchen haben deshalb nur eine rudimentäre Grundausstattung, um mit einem latenten oder emminenten Kalziummangel klarzukommen. Der Hauptmechanismus bei Kalziummangel löst Kalzium aus den Knochen und transportiert dieses Kalzium zu den Zähnen, wo es mehr gebraucht wird.

Eben weil sie an Kalziummangel nicht angepaßt sind, wird viel zu effektiv das Kalzium aus den Knochen gelöst, dadurch steigt jedoch der Kalziumgehalt im Blut zu stark an, was dann wiederum ein ganz anderes, diesmal sehr effektives Schutzprogramm anlaufen läßt: Das scheinbar zuviele Kalzium wird nun durch die Nieren aus dem Blut gefiltert und über die Blase entsorgt, bevor es je bei den Zähnen ankommt!
Es kann nämlich durchaus unter natürlichen Bedingungen dazu kommen, daß kurzzeitig zuviel Kalzium aufgenommen wird - im Blut darf jedoch ein gewisser Kalziumanteil nicht überschritten werden, das ist ungesund, also wird genauso kurzfristig das Kalzium in solchen Fällen wieder rausgefiltert. Da das immer nur kurzzeitig erfolgt, meist nur über Stunden, selten über Tage und niemals über Jahre, ist das auch nicht weiter tragisch - dazu kommt die äußerst wasserreiche Ernährung sowohl der wilden Vorfahren unserer Meerschweinchen vor 8000 Jahren, als auch der domestizierten Vorfahren danach ... das Wasser reichte IMMER aus, die Kalziumflut aus der Blase zu spühlen.

Unter natürlichen Bedingungen ist ein Kalziummangel dagegen undenkbar, wie gesagt, den gibts erst, seitdem es Tierärzte gibt, die zu einer kalziumarmen Ernährung raten ... erst jetzt gibt es das Problem, daß ein uraltes, nicht mehr gewartetes System anspringen muß, um Kalzium aus den Knochen in die Zähne zu transportieren ... und das tut es mehr schlecht wie recht.

Es kommt noch etwas weiteres hinzu ... noch immer geistert der Skorbut in den Köpfen diverser Tierärzte herum. Es wird immer noch Vitamin C gespritzt und es wird immer noch zu geraten, Vitamin C zu supplementieren, sei es über das Futter, sei es über das Trinkwasser, das ist vollkommen schnuppe.
Das verstärkt jedoch das Dilemma mit dem Kalzium noch, da das Vitamin C ohne Carotinoide gar nicht genutzt werden kann ... es wird, damit es keinen Schaden anstellen kann, zu Oxalsäure abgebaut. Diese wiederum ist nun im Körper und nicht mehr im Darm! Oxalsäure im Körper krallt sich jedoch das überlebenswichtige Calcium für die Zähne und das entstehende Salz, das Calciumoxalat, muß möglichst schnell aus dem Körper gefiltert werden, damit es keinen Schaden anrichtet - und gefiltert wird es in Leber und Niere, ausgeschieden über die Blase ... es entstehen Calciumoxalatsteine!

Und es geht weiter ... bei einer Ernährung mit Futter, welches einen Wassergehalt von 80% ca hat, ist weder Calcium, noch Oxalat wirklich ein Problem, das wird standepede einfach ausgepullert und gut ist.
Nun wird jedoch dazu geraten, viel Heu zu verfüttern - und da Wurzel- und Fruchtgemüse bei Meerschweinchen, die nur Heu bekommen, nunmal zu Matsche führt, wird wasserreiches Gemüse stark rationiert. Dadurch nehmen Meerschweinchen nur noch ein Viertel der Menge Wasser auf, die sie tatsächlich brauchen!
Da Wasser in den Körperzellen immens wichtig ist, werden diese zuerst bedient - der Harn wird dazu extra eingedickt, somit erhöht sich die Konzentration von Salzen im Harn unnatürlich stark. Dazu kommt, daß deutlich weniger gepullert wird, der Harn in der Blase steht still. Kommen nun Bakterien mit ins Spiel, die ja auch nicht mehr beim Einwandern über die Harnröhre standepede rausgespühlt werden, weil eben weniger gepullert wird, kommt es zu leichten Blasenentzündungen und es bilden sich Kristallisationspunkte um die Bakterien herum, an die sich zunehmend die Kristalle anlagern, die ja nun in hoher Konzentration im Harn durch das Eindicken angesammelt haben. Es entsteht erst vermehrt Harngries, dann wachsen die Steinchen ...

Damit hört es nun nicht auf - je häufiger kleine Steinchen wachsen und je mehr der Harn eingedickt wird, desto häufiger werden die Blasenwände durch die Kristalle beschädigt und desto mehr vernarbt das Gewebe. Die Harnblase kann sich nicht mehr so gut dehnen, wie normal, die Blasenwand verhärtet durch die Vernarbung zunehmend und bewegt sich immer weniger.  Das kann man sich ein wenig wie einen Luftballon vorstellen, den man zunehmend mit Pappmache verkleistert.
Mikroskopisch kleine Huppelchen und Risse entstehen an der Blaseninnenwand, wo sich Bakterien einnisten können und Kristalle hängenbleiben. Nun wird das Steinewachstum immer schneller und es wird relativ bald ein Punkt auf no return überschritten - ab da kann das selbst mit Wiesenernährung nicht mehr geheilt werden, ab da  entstehen die Steine, können nicht schnell genug rausgespühlt werden, weil sie an der Blasenwand festhängen, bis sie zu groß sind, ab da muß regelmäßig operiert werden, bis das Schweinchen es halt nicht mehr überlebt ...
Die Symptome sind Blasengrieß ... wird der Harn klar, ist die nächste OP in den nächsten paar Monaten fällig, denn der klare Harn ist bei diesen Schweinchen, wo es schon zu spät ist, ein klares Zeichen dafür, daß wieder ein oder mehrere neue Steinchen ranwachsen.

Der Kalzium- und Oxalsäuregehalt sollte man im Frischfutter selbstverständlich beachten - er sollte so hoch, wie möglich sein! Das ist immer noch geringer, wie das, was die Vorfahren unserer Meerschweinchen die letzten 10.000 Generationen vorfanden - vollkommen unabhängig, ob sie mit kalziumreichen Gras gefüttert wurden oder auf kalziumreichen Naßwiesen herumliefen.
Einzig mit einer Ernährung, die zu 100% artenreicher Wiese, Wegrand und Gehölz besteht, stimmt der Gehalt von Kalzium und Oxalsäure ... in unserem Gemüse ist davon deutlich zuwenig enthalten und aus dem Wiesenheu können die Meerschweinchen nicht genügend herausholen.

Wie es sich mit den Trockenkräutern verhält, mußt du selbst beobachten - ich hatte getrocknete Kräuter bestenfalls noch im selbstgesensten und selbstgetrocknetem Wiesenheu oder in einem artenreichen Wiesenheu eines befreundeten Biobauern drin. Mehr Kräuter sind bei einer Wiesenernährung mit Gemüse nicht notwendig ...
Wenn der Gesamtgehalt des Wassers in der Nahrung unter 70% fällt, wird es ungesund für Meerschweinchen, vollkommen unabhängig, ob diese trockene Nahrung durch getrocknete Kräuter oder durch Wiesenheu zustandekommt. Man hat also im Winter das Problem, daß die Ernährung zwangsweise ungesund wird (es sei denn, man hat irgendwo eine lukrative Kohl- oder Bambusquelle), sie wird im Winter zu trocken. Das kann durch getrocknete Kräuter natürlich noch verschärft werden ...
Auf der anderen Seite können getrocknete Kräuter auch Wirkstoffe liefern, die wiederum zur Gesunderhaltung nötig sind. Deshalb ist hier Beobachtung absolut notwendig, wenn das Bauchgefühl sagt, es gibt mehr Blasenschlamm mit getrockneten Kräutern, läßt man die besser weg. Wenn du keinen Unterschied bemerkst oder aber der Wassergehalt des Gesamtfutters durch die Wiesenernährung eh bei nahezu 80% liegt, machen die paar getrockneten Kräuter nix aus, welche die Meerschweinchen noch zusätzlich futtern.

Meeriemama

  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 178
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 61 am: 14. April 2016, 16:36 Uhr »
Vielen lieben Dank für die ausführliche Erklärung  :dank:
Ich bin immer wieder beeindruckt, wie geduldig Du die Zusammenhänge erläuterst. Im Grunde genommen ist die Ernährung der Schweinchen eigentlich ziemlich simpel... aber in der Praxis haben viele Halter wohl doch enorme Schwierigkeiten, genug artenreiche Wiese zusammen zu bekommen, zumindest zeitweise und wenn man eine größere Gruppe hält.
Der Stein bei meinem Fienchen war ein ziemlicher Schock für mich. Man hat ihr absolut nichts angemerkt vorher, bis der Stein dann in die Harnröhre gelangt ist. Beim TA haben sie ihn noch rausdrücken können, aber sie war kreislaufmäßig schon so schlecht, dass sie kurz darauf verstarb.
Der erste Reflex ist dann, weniger kalziumreiche Sachen zu füttern, und über oxalatreiches Futter hört man auch nix Gutes anderswo.
Darum bin ich wirklich froh, hier so viel über die wirklich artgerechte Ernährung zu erfahren. Ich bin sicher noch weit vom Optimum entfernt, aber momentan wächst ja schon einiges an Wiese, wenn auch noch nicht so besonders vielseitig, und an Gemüse versuche ich weitgehend Blättriges zu füttern. Und wenn es mal besonders viel Möhrengrün oder viel Mangold ist, weiß ich jetzt, dass das nicht weiter schlimm  ist.
Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast (A. de Saint-Exupery)

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 62 am: 14. April 2016, 18:00 Uhr »
Es wird deshalb so schwierig, weil den Haltern eingeimpft wird, wo sie nicht sammeln sollen:
- Nicht an Straßen.
- Nicht in und an Feldern.
- Nicht auf Wiesen, wo Wild Zugang hat.
- Nicht auf Weiden.
- Nicht dort, wo Hunde hinmachen könnten.
- Nicht in Städten.
- Nicht an Wegrändern und auf Wegen.
- Keinesfalls dort, wo giftige Pflanzen wachsen könnten.
- Nicht auf gedüngten Wiesen.
...

Hast du schon eine Sammelstelle entdeckt, die diesen Anforderungen entspricht?
Ich nicht ...

Elvira B.

  • Gast
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 63 am: 14. April 2016, 18:12 Uhr »
Sach bescheid, wenn du eine gefunden hast ;-)

Meeriemama

  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 178
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 64 am: 14. April 2016, 20:05 Uhr »
naja, ich sammel nicht grad an der Hauptverkehrsstraße, obwohl es da regelrecht wuchert. Die Abgase sind wohl der reine Dünger  :roll: Und am Anfang der Rue de la caque ist wohl auch nicht unbedingt empfehlenswert. Heute hab ich auf dem Waldfriedhof gesammelt, da sind riesige Flächen mit Wildanemonen (Buschwindröschen?)  und ich hab das Gras dazwischen weggerupft. Sind bestimmt auch ein paar Anemonenblättchen mit reingeraten, die ich früher penibel aussortiert hätte. Ich hoffe, meine Schweine leben morgen früh noch...Ich hab ja Scharbockskraut gefüttert, dann sind sie doch wohl "geimpft"?
Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast (A. de Saint-Exupery)

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 65 am: 14. April 2016, 20:13 Uhr »
Dann sind sie "geimpft" :D
Vermutlich wirst du eh die Anemonenblättchen geschlossen auf den Kompost werfen dürfen, erfahrungsgemäß sind die eh nicht so lecker ...  :g:

niki+

  • Gast-Mitglied
  • *
  • Beiträge: 615
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 66 am: 15. April 2016, 10:21 Uhr »
Danke, Murx, für diese SUPER calcium&co-erklärung!

ich verstehe trotzdem nicht, wieso meine blümchen eine blasenentzündung bekommen hat. (10 tage baytril  :mboese:)
ich habe im winter keine trockenkräuter gefüttert, aber löwenzahnwurzeln!!! manchmal fast täglich (EINE kleine wurzel pro tier- nicht im schälchen)
ab und zu gabs getrocknete brennesseln, aber immer nur per hand, nie in einem topf, der immer gefüllt wird...

ich füttere seit anfang februar wieder wiese (anfänglich nur Gräser, Vogelmiere und rote Taubnessel, bißchen baby löwenzahn)
seit märz  wiesenfütterung mittags und abends -- morgens gibt es radicchio, endivie, gurke, kohlrabi, paprika, fenchel, chinakohl, karotte - eine auswahl davon

im winter gabs neben zweigen (fichte, tanne, kiefer, hainbuche mit braunen blättern, eiche mit braunen blättern, hasel, linde, apfel, zwetschke, buche, ahorn, manchmal birne):
blättriges täglich: petersilie, feldsalat, endivie, chinakohl, radicchio, spinat, mangold, pflücksalat
dann fenchel, kürbis, paprika, karotte, kohlrabi, rote rübe, topinambur,

stangensellerie, wirsing und brokkoli wurde den ganzen jänner verschmäht.
1x pro woche bekamen sie brombeerblätter oder rosenblätter oder 1 apfel.
im dezember bekamen sie ab und zu getrocknete grüne maisblättern, grünen hafer und erbsenflocken (per hand)

jetzte bekommen sie in der früh:
endivie, radicchio, kohlrabi, gurke oder tomate, paprika, fenchel oder karotte, manchmal mangold oder spinat, selten apfel, selten petersilie...

davor essen sie aber die wiesenreste vom vortag, deswegen wird das gemüse kaum angerührt. das dient dann zur überbrückung bis abends 18h, wenn ich mit dem korb frische wiese komme (+ dazu frische zweige mit blättern von hasel und birne, ahorn. linde, pappel und kastanie wird nicht angerührt, buche war der renner, ist aber nicht immer zu bekommen)

Wiese= derzeit: 6 verschiedenen grasarten, schafgarbe, löwenzahn, weicher storchenschnabel, vogelmiere, rote taubnessel, spitzwegerich, gundermann, etwas wilder rucola, hirtentäschel, mini-mengen scharbockskraut und efeu, selten brennessel
den rest habe ich leider noch nicht bestimmt, ich finde das ohne blüten so schwer!! (wenn man die pflanze noch sowieso kennt, wie hirtschtäschel o.ä.)
ich glaube ferkelkraut-blätter hatte ich auch mal dabei -- die sehen doch aus wie löwenzahn, nur pelzig, oder?

können die tägliche petersilie und die löwenzahnwurzeln ein problem machen?

noch was: die haselknospen und birnen- und buchenknopsen gabe auch sobald was sprießte---das kann auch der grund für idefix matschköttel sein, die sie mit wiesenbeginn (und auch knopspenbeginn) bekam!
ihre verdauung ist aber immer noch schlechter als die der anderen...sie kaut ja auch nicht so toll....

aber mir kommt vor, seit es BLÄTTER gibt, geht es wieder bergauf  :-)

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 67 am: 15. April 2016, 10:50 Uhr »
Blasenentzündungen sind leider nicht nur ein Ernährungsproblem, sondern auch ein Haltungsproblem ... während in der Natur die Meerschweinchen auf gut saugfähigem, trockenen Untergrund liegen und chillen (halt trockene Erde unter dichtem Gebüsch oder unter überhängenden Steinen, zumindest die Aparea sollen auch manchmal Tierbauten anderer Tiere benutzen - wenn die das machen, wäre es zumindest sehr wahrscheinlich, daß das auch die Tschudis tun und die Vorfahren unserer Meerschweinchen auch taten), ist das in unseren Haltungen meist nicht so ... da bilden sich aufgrund des beengten Platzes doch mal feuchte Stellen, die immer wieder feucht sind oder noch schlimmer, durchgängig feucht sind. Ich mein, unsere Meerschweinchen pullern bei artgerechter Ernährung, als hätte man vergessen, sie zuzustöpseln!

Ein weiteres Problem ist Zug ... ein gleichmäßiger, meist kühler, stetiger Wind meist in Bodennähe, dem die Meerschweinchen nicht ausweichen können. Wenn man da nicht mit ner Kerze durch den Stall geht oder sich selbst in den Stall legt, fällt das oft gar nicht auf.

Was auch oft in Wohnungen auftritt, ist ein zu trockenes Kleinklima in der Wohnung - auch das kann Blasenentzündung fördern, auch wenn es meist eher Atemwegserkrankungen sind, die da auftreten.
Wird die Wohnung im Winter zu warm gehalten, kann das Frischfutter wiederum Blasenentzündungen indirekt fördern - bei über 22°C in der Wohnung entsteht durch die Verdunstung des Wassers im Frischfutter ein sehr feuchtes, fast schon tropisches Kleinklima, an welches die Meerschweinchen nicht angepaßt sind. Dieses feuchtwarme Klima kann durchaus Blasenentzündungen begünstigen.

Noch eine Sache ist in Meerschweinchenhaltungen, und wenn sie noch so gut und optimal sind, kaum zu vermeiden ... die Anreicherung von Krankheitserregern im Boden, in Fleecedecken, in Ritzen, Spalten etc des Auslaufs usw usf ... unsere Meerschweinchen sitzen nunmal viel dichter zusammen, wie ihre wilden Kameraden vor 8.000 Jahren.
In den Haltungen bei den Indios dürften Blasenerkrankungen nicht weiter aufgefallen sein ... die betroffenen Tiere starben und hatten oft keine Nachkommen. Deshalb werden Meerschweinchen unter gleichen Bedingungen nur selten blasenkrank - aber manchmal kommt einfach vieles zusammen.

Streß in der Gruppe kann zu Harnverhalten führen - und Harnverhalten wiederum führt dazu, daß weniger ausgepullert wird. Auch dadurch kann eine Blasenentzündung begünstigt werden.

Ist die Harnröhre zu eng oder hat einen Knick, der da gar nicht hingehört (also ein erbliches Problem), kann nicht so gut ausgepullert werden, der Strahl ist dann nicht stark genug, um wirklich alles an Mikroben rauszupullern, es können also welche im Harntrakt zurückbleiben, die dann eine Blasenentzündung verursachen. Das passiert allerdings fast immer nur dem männlichen Geschlecht, Weiber sind da eigentlich äußerst selten von betroffen.

Wenn du ein Meerschweinchen aus einer Haltung heraus dir geholt hast, wo zu trocken gefüttert wurde, können auch schon die ersten Verletzungen und Schäden an der Blasenwand aufgetreten sein ... diese Unregelmäßigkeiten in der Blasenwand sind prima Andockstellen für verirrte Bakterien und Co, die können sich trotz des unangenehmen Millieus in der Blase dort sogar vermehren ... auch das kann letztendlich zur Blasenentzündung führen.
Das Gefährliche an dem Szenario ist nun, daß Blasenentzündungen regelmäßig auftreten können und bei ganz großem Pech die Schäden so stark sind, daß eine Wiesenernährung nicht mehr die Steinbildung verhindern kann ...

Operationen, bei der die Harnblase in Mitleidenschaft gezogen wurde oder die Harnröhre, kann auch Blasenentzündung fördern.

Gibt also leider sehr viele Dinge, die zur Blasenentzündung führen können, die nicht immer was mit Ernährung zu tun haben. Da den wirklichen Grund rauszufinden, ist oft sehr, sehr schwer. Wenn man ihn natürlich findet und abstellen kann, hat sich die Suche auf jeden Fall gelohnt.

Hugomero

  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 1209
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 68 am: 14. Juni 2016, 22:18 Uhr »
Hallo, ich hoffe, die Frage passt in diese Rubrik...welche Kohlsorten füttert Ihr jetzt bzw im Sommer ? Weiß- und Blaukraut schmeckt meinen gar nicht, Broccoli so lala..Spitzkohl ist der Renner, aber etwas einseitig
Susi mit Yuki, Enya ,Rosie, Frou–Frou ,Abby und Berly

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 69 am: 15. Juni 2016, 00:00 Uhr »
Im Sommer braucht es normalerweise kein Gemüse, auch kein Kohl ... Wiese reicht.
Ansonsten kannst du alles an Kohl anbieten, was du willst und was du regional und bezahlbar herbekommst. Die Meerschweinchen lassen es schon freiwillig liegen, wenn es Besseres gibt ... :D

Ich hatte halt kostenlos das Restgemüse von einem Biorestaurant und einem Bioladen bekommen, auch im Sommer - klar, das hatten dann die Wutzen und die Langohren angeboten bekommen.
Da war dann auch alles an Kohl bei: Rotkohl, Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl, Wirsingkohl, Chinakohl, Kohlrabi, Grünkohl ... allerdings war das selten regional, speziell was aus diesem Restaurant kam. Gerade im Sommer blieb das oft liegen.

Elvira B.

  • Gast
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 70 am: 15. Juni 2016, 07:41 Uhr »
Ich habe ja meinen Sack Wiese mal gewogen um zu sehen, was ich brauchen würde, bei reiner Wiesenfütterung :-) das ist bei meiner Wiese gar nicht machbar, die wär in ein paar Tagen abgeerntet und an den Stellen wo sie schön ist, gibts so viele Hundegänger, aber auch da wäre da Angebot begrenzt, also muß ich auch noch andere Sachen füttern.

Hugomero

  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 1209
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 71 am: 15. Juni 2016, 10:42 Uhr »
Im Sommer braucht es normalerweise kein Gemüse, auch kein Kohl ... Wiese reicht.
Ansonsten kannst du alles an Kohl anbieten, was du willst und was du regional und bezahlbar herbekommst. Die Meerschweinchen lassen es schon freiwillig liegen, wenn es Besseres gibt ... :D

"meine" Wiesen geben irgendwie nicht so große Vielfalt her, daher wollte ich ihnen noch Gemüse und gesunden Kohl anbieten... ;-).. in meinem Garten wächst das Gras nicht so richtig, da gibts dafür Schafgarbe (und aus dem Hochbeet Gundermann, Postelein, Mangold, guter Heinrich und Kräuter). Auf der anderen Wiese Storchenschnabel, Löwenzahn, Klee und Gras, das recht hoch ist und auch nicht so schmackhaft ist  :frage:
Susi mit Yuki, Enya ,Rosie, Frou–Frou ,Abby und Berly

Murx Pickwick

  • Forenkobold
  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 927
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 72 am: 15. Juni 2016, 11:26 Uhr »
Auch, wenn Meerschweinchen in der Lage sind, Cellulose bis zu einem gewissen Grade von Bakterien verarbeiten zu lassen, müssen sie dennoch sehr stark mit dem Platz im Blinddarm haushalten ... während so eine Kuh ein Fünftel ihres Eigengewichtes im Magen vergären kann (das sind immerhin bei einer 500kg schweren Kuh ganze 100kg Wiese!) und zudem auch noch die Vergärung sehr effektiv abläuft, weil eben der Magen groß genug ist und eine für Bakterien angenehme Bruttemperatur erreicht wird, ist das beim Meerschweinchen ein wenig anders.
Meerschweinchen sind klein, einige Organe lassen sich jedoch nicht beliebig verkleinern, um Platz für ne Gärkammer zu schaffen - es ist also viel weniger Platz für den Blinddarm als Gärkammer im Meerschweinchen da, wie in einer Kuh für den Magen. Damit kann also viel weniger Pflanzenmaterial vergoren werden - es wird also sortiert in gut fermentierbare, kleine Nahrungspartikel und schlecht fermentierbare, große Nahrungspartikel. Die schlecht fermentierbaren Nahrungspartikel werden möglichst postwendend in Köttel gepreßt und ausgeschieden ... damit wird letztendlich von so einer Graspflanze ca. die Hälfte gleich wieder wohlverpackt ausgeschieden, ohne überhaupt in den Binddarm zu gelangen!
Wenn nun auch noch die Graspflanze in der Blüte steht - oder noch schlimmer, schon Samen bildet, schiftet sie alles, was Nährstoff heißt, in die Blüten/Samen ... der Stengel dagegen wird mit unverdaulichen Ligninen verstärkt, die Cellulosegerüste ausgebaut, kurzum, der Stengel wird immer weniger gut verdaulich ... und genau das macht dann nicht mehr viel Sinn für ein Meerschweinchen zu futtern - dann müßte es ja drei Viertel des Grases mühevoll in Köttel pressen und ausscheiden!
Ist doch viel sinnvoller, nur noch die nährstoffreiche Teile des Grases zu futtern und auf andere Pflanzen auszuweichen, wenn nicht mehr genügend nährstoffreiche Teile im Gras drin sind ... das kann dann dazu führen, daß die Meerschweinchen lieber Gemüse (einschließlich Kohl!) futtern, wie Gräser!

Piggilotta

  • Aktives Mitglied
  • ****
  • Beiträge: 314
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 73 am: 15. Juni 2016, 18:47 Uhr »
Meine bekommen noch viel Kohlrabiblätter und ich weis nun endlich, warum die immer noch der Renner sind.
Bissel Apfel, Chicoree und Spitzkohl, die trockenen Dillstängel (die saugen die weg wie nix...),
gestern gabs mal frische, die waren so lala...
Jetzt auch mehr Blätter (Buchen-, Linden-, Nuss-); eben, juppidu, jemandem beim Bambusbeschneiden gesehen, große Tüte abgestaubt.

Wenn ich viel Wiese hab, geb ich trotzdem kleine Mengen anderes, wegen der Vielfalt;
halt deutlich weniger Wurzeln (ähm, fast gar keine mehr, eigentlich, ne Möhre hält jetzt 3 Tage bei 4 Wutzen, alle paar Wochen mal...),
rote Beete kauf ich noch manchmal, wg. Oxalsäure, (der Sauerampfer ist gemäht, Spinat war bislang nicht der Hit.)
Paprika und Gurke geb ich auch nur noch selten und wenn, wenig.

Was mich neulich sehr gewundert hat: die mögen ja Radieschen lieber als deren Blätter?

Elvira B.

  • Gast
Antwort: Fragen & Antworten zur Fütterung
« Antwort 74 am: 15. Juni 2016, 19:06 Uhr »
Ich hatte auch mal ein Schweinchen, das war verrückt nach Radieschen, der TA meinte, die solle man nich füttern, keine Ahnung ob er recht hatte.