Autor Thema: Umgang mit Notfällen - Hilfe zur Selbsthilfe - Akute Vergiftung  (Gelesen 13585 mal)

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Saubergschweinchen

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Es wurde ja in meinem Thread mehrfach der Wunsch nach einem "Vergiftungsthread" geäußert, ich denke es wäre vlt. sinnvoll allgemein über den Umgang mit Notfällen zu sprechen. Denn für die meisten Tierhalter steht an erster Stelle ein plötzlich auftretendes Symptom und nicht die Diagnose nach der sie nun behandeln können.

Ich würde gerne Post für Post verschiedene akute Notfälle besprechen. Vor allem wie die Hausapotheke bestückt sein sollte damit man auch adäquat reagieren kann.

Natürlich soll das alles keine Aufforderung sein den im Notfall keinen Tierarzt zu konsultiren aber aus 8 Jahren Praxiserfahrung in verschiedenen Kliniken/Praxen kann ich sagen....mit einem kleinen Heimtier ist man da meist verloren.
Ein Meerschweinchen mit schlechter Kreislaufsituation bringt meist schon der Transportstress um oder der Weg zur Praxis inkl. der Wartezeit (ja! Notfall ist nämlich nicht gleich Notfall!) dauern einfach zu lange um das Tier noch retten zu können.
Selbst wenn es das Tier noch lebend auf den Behandlungstisch schafft sind die Chancen eher gering das die Ursache gefunden und das Tier entsprechend behandelt werden kann. Bei der Dianostik muss immer abgewogen werden ob die Manipulation das Tier umbringt oder es an seinen Verletzungen o.a. stirbt.
Oftmal fehlt es auch an Sorgfalt, die Situation des Tieres wird zwar erkannt und eine Infusion verabreicht....meist geschieht dies aber zimmerkalt was für ein Tier mit Untertemperatur den Kältetod bedeuten und beim fiebrigen Tier einen Kreislaufkollaps provozieren kann.

Ich vertrete die Überzeugung das jeder der ein wenig medizinisch versiert ist zumindest die Kreislaufsituation bereits zu Hause stabilisieren sollte.
Das bedeutet Infusionslösung gehört für mich in eine Hausapotheke, das Setzen einer Injektion ist schnell gelernt. Viele Züchter chippen ihre Tiere und lernen es dafür. Unzählige Hunde- und Katzenbesitzer haben insulinpflichtige Tiere oder Nierenkranke Katzen die sie mit Injektionen und Infusionen versorgen.
Man sollte das subcutane Setzen einer Injektion bei Tierarzt erlernen.

Kann oder möchte man das nicht sollte man zumindest Dextrose im Haus haben um dem Tier Flüssigkeit und Traubenzucker eingeben zu können bevor man sich auf den Weg zum TA macht.

So, im folgenden möchte ich über kleine Fallberichte ein bisschen erklären was man machen kann und wie man sich verhalten sollte um für ein Tier im Notfall die best möglichen Chancen zu gewährleisten.
Bei mir läuft der erlernte Notfallplan immer gleich ab, das ist natürlich nicht bei jedem so aber anhand einiger Leitsymptome kann man oft zumindest den Ernst der Lage gut abschätzen.

Sind mehrere Tiere betroffen beginnt man mit der Untersuchung des augenscheinlich schlechtesten Tieres.

Man beurteilt schnell folgende Aspekte:

- Atmung (Bauchatmung? Hecheln?)
- Abdomen (weich?, prall?, aufgegast? schmerzhaft?)
- Verhalten (Abwehrverhalten? Fluchtverhalten? Ansprechbarkeit?)
- Körperspannung (Kraftlosigkeit? Krampf?)
- Körperöffnungen (Speicheln? Drurchall? Fellverfärbungen?)
- Schleimhäute - am besten die Bindehäute anschauen
- Hauttugor - gibt Auskunft über den Flüssigkeitshaushalt, kneift man an der Seitlichen Brustwand in die Haut muss diese Falte umgehend verstreichen, verschwindet sie nur zögerlich oder garnicht braucht das Tier schnellstens Flüssigkeit!
- Körpertemperatur - ist wichtig für die Beurteilung von Ursache und Prognose


Saubergschweinchen

  • Gast
Antwort: Umgang mit Notfällen - Hilfe zur Selbsthilfe
« Antwort 1 am: 18. Juli 2014, 16:45 Uhr »
Akute Vergiftung

Man findet mehrere Tiere einer Gruppe bei schlechtem Allgemeinbefinden, hier muss es also einen äußeren Einfluss gegeben haben. Differenzialdiagnostisch ist auch an eine Tympanie zu denken, ausgelöst durch verdorbenes Futter. Kann man die Quelle der Vergiftung erahnen ist es sinnvoll den Namen des Giftes herauszufinden und in der Giftzentrale oder an anderen Stellen zu erfragen mit welchem Verlauf und welchen Symptomen weiter zu rechnen ist. Natürlich gibt es seltenst Infos über Meerschweinchen aber im groben kann man so erfahren womit zu rechnen ist.
Das die Quelle der Vergiftung umgehend zu entfernen ist brauche ich nicht erwähnen. Im Extremfall kann es nötig sein das Tier gründlich zu waschen, wenn die Gefahr besteht das Gift von Fell und Pfoten weiter aufgenommen wird.

Hier mein Erfahrungsbericht inkl. der Behandlung. Alle Tiere werden ninfolge dessen eine Ausleitung per Bioresonanz bekommen.


Tier 1:

Status beim Auffinden:
- Atmung: flach
- Abdomen: weich, keine Reaktionen beim Abtasten
- Verhalten: apatisch, reglos, nicht ansprechbar
- Körperspannung: nicht zu fühlen
- Körperöffnungen: das Maul mit grünen Futterresten verschmiert, Anogenitalbereich obB.
- Schleimhäute: sehr blass
- Hauttugor: stark verzögert
- Körpertemperatur: nicht messbar

Umgehender Therapieversuch:
- 10ml Sterofundin G5 (Elektrolylösung mit Glukose) + 0,5ml Catosal (Bayer) angewärmt, subcutan
- Wärmequelle

Prognose
infaust

Ausgang
Exitus ca. 15min nach Behandlungsversuch


Tier 2:

Status beim Auffinden:
- Atmung: angestrengt, schnell
- Abdomen: schmerzhaft, rel. weich
- Verhalten: apatisch, reglos, nicht ansprechbar
- Körperspannung: kaum vorhanden, leichte, unkoordinierte Abwehrbewegungen
- Körperöffnungen: Nase feucht vom Hecheln, wenig weicher Kot in der Perinealtasche
- Schleimhäute: blass
- Hauttugor: stark verzögert
- Körpertemperatur: 35,2°C

Therapie am 1. Tag:
- 2x 20ml Sterofundin G5 (Elektrolylösung mit Glukose) + 0,5ml Catosal (Bayer) angewärmt, subcutan
- 2x 1ml Coffea Praeparata
- 5ml gelöste Aktivkohle + Huminsäure + Heilerde mikrofein + Fencheltee  alle 2-3h eingegeben
- 2x 1ml Jecuplex (Vitamin/Nährlösung) eingegeben
- 1x 0,4ml Colosan
- 3x Kolloidales Silber
- Wärmequelle
...weitere Behandlung über 4 Tage, alles außer Infusion und Coffea

Prognose
vorsichtig, abends 37°C Körpertemperatur, ansprechbar, Interesse am Futter

Ausgang
nach 5 Tagen augenscheinlcih wieder hergestellt, Ergebnisse der Blutuntersuchung (Organwerte) stehen noch aus.


Tier 3+4:

Status beim Auffinden:
- Atmung: schnell
- Abdomen: leicht schmerzhaft, leichte Aufgasung
- Verhalten: apatisch, gesträubtes Nackenfell
- Körperspannung: Abwehr- und Fluchtverhalten reduziert
- Körperöffnungen: Nase feucht vom Hecheln sonst keine Auffälligkeiten
- Schleimhäute: blass rosa
- Hauttugor: ok
- Körpertemperatur: 38,2°C und 38,9°C

Therapie am 1. Tag:
- 1x 20ml Sterofundin G5 (Elektrolylösung mit Glukose) + 0,5ml Catosal (Bayer) angewärmt, subcutan
- 1x 1ml Coffea Praeparata
- 5ml gelöste Aktivkohle + Huminsäure + Heilerde mikrofein  + Fencheltee angeboten und gut genommen
- 2x 0,2ml Colosan
- 3x Kolloidales Silber
- Wärmequelle
...weitere Behandlung mit Colosan und Kohlegemisch über 4d

Prognose
vorsichtig, Aufgasung wurde erst schlimmer

Ausgang
nach 3 Tagen augenscheinlich wieder hergestellt, Blutuntersuchung (Organwerte) abhänig vom Ergebnis von Tier 2.

Infos zu den Medis:

Sterofundin G5 (Elektrolylösung mit Glukose)
Infusionslösung die zur subcutanen Verabreichung geeignet ist. Man bekommt sie in 500ml Flaschen beim TA, dort kosten sie unter 5,-€. Angebrochen sollte sie max. eine Woche zur Injektion verwendet und im Kühlschrank gelagert werden.

Catosal
Stimmuliert den Stoffwechsel, ich kenne es durch gute Erfolge in der Rinderpraxis, unterstützend bei Ketosen oder Milchfieber. Ich habe es in der Stallapotheke um Stoffwechselentgleisungen (wie Toxikosen) umgehend entgegenwirken zu können. Es bringt den Stofwechsel in Schwung und fördert die Ausscheidung von Giften.
Hier mehr dazu: http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?tak/03000000/00034465.02?inhalt_c.htm


Coffea Praeparata

Coffeinhaltiges Kreislaufmittel, auch unterstützend bei Atemwegserkrankungen und Durchfall sehr gut.
http://www.schaette.de/shop/coffea-praeparata-oral-detail
 
Aktivkohle
Ist denke ich jedem bekannt, bindet Gifte im Darm und transpotiert sie nach draußen.

Huminsäure
Ich verwende Activomin http://www.activomin.de/, im Prinzip verhällt es sich ähnlich wie Kohle, wird aber aus Torf gewonnen.

Heilerde mikrofein
Bindet ebenfalls Giftstoffe und schützt die Darmflora.

Jecuplex
Leberschutz/nährlösung https://www.veyx.de/uploads/tx_sitscontentattribute/KB_VeyFo_Jecuplex_DE_02.pdf

Colosan
Pflanzliches Antitympanikum http://www.schaette.de/shop/Colosan


Zur Dosierung von Infusionslösung:
Es gibt eine Reihe von komplexen Formeln zum Errechnen der Infusionsmenge. Diese sind alle recht spekulativ da man den Austrocknungsgrad nicht messen kann und dieser Faktor daher nie genau ist.
Ich orientiere mich an den in der Literaur angegebenen 40-60ml/kg KGW/d. Man beginnt ja nach Zustand mit max. der Häfte der Tagesmenge subcutan....bedeutet ein 1kg schweres Tier das massiv ausgetrocknet ist bekommt erst einmal 20ml Infusion unter die Jacke. Weiteres folgt nach Zustand des Tieres.
Die Maximalwerte sollten nicht überschritten werden da dies zu Lungenödem und durch das stark verdünnte Blut auch zu Sauerstoffunterversorgung kommen kann.