Autor Thema: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?  (Gelesen 14781 mal)

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Katharina

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Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« am: 16. April 2014, 15:52 Uhr »
Hallo miteinander! :winke:

Diese Frage wollte ich schon immer mal in den Raum stellen...

Meine Meerschweinchen sind in der schönen Jahreszeit ja viel draußen - und nicht alles, was im Garten wächst, würde ich den Meerschweinchen pflücken und ins Gehege legen. ;-)

Im Garten wachsen auch mehr oder weniger giftige Pflanzen und meine anfänglichen Bedenken, dass sich meine Schweinchen z.B. am Efeu oder am Sommerflieder vergreifen und sich so vergiften könnten, haben sich so ziemlich zerstreut. Sie lassen diese Pflanzen weitgehend in Ruhe. Ich muss sie da auch nicht wegscheuchen; der Efeu ist ein herrliches Versteck für sie.

Mir fallen bei meinen Meerschweinchen auch immer wieder bestimmte Futtervorlieben auf, die phasenweise auftreten oder durchgängig sind, u.U. auch von Tier zu Tier ganz verschieden sind. Im Garten können sie ja nun weitaus mehr an Gräsern, Blüten, Kräutern etc. auswählen als bei dem Futter, das ich ihnen ins Gehege lege. Ich denke, jedes Tier sucht und nimmt sich, was es momentan braucht...und besonders gut schmeckt vielleicht immer genau das, was der Körper gerade am meisten verlangt.

Ich kenne ähnliches auch von meinen eigenen, wechselnden Vorlieben beim Essen.

Wissen Meerschweinchen (noch) instinktiv, was ihnen gut tut? Und wie ist das mit einheimischen und fremdländischen Giftpflanzen? Haben Meerschweinchen da noch genügend Warnsignale? Auch wenn etwas Giftiges oder Unverträgliches für sie vielleicht sehr wohlschmeckend sein sollte?

Bei unbekanntem Futter sind Meerschweinchen ja meist sehr vorsichtig...ich glaube, sie probieren immer erst mal winzige Mengen aus, ob sie es vertragen oder schicken ihre "Vorkoster" vor.

Was meint ihr? :frage:
Liebe Grüße
Katharina :ms2:

Murx Pickwick

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 1 am: 16. April 2014, 16:25 Uhr »
Efeu hab ich als Winterfutter verfüttert ... schließlich kommt der Name Efeu von Ep-Heu ...
Efeu beugt Magen-Darm-Erkrankungen vor (zumindest bei Meerschweinchen, Ziegen und Schafen, denn bei uns Menschen würde der Efeu als Wintersalat zu Magenreizungen führen)

Ansonsten ... Meerschweinchen haben eine sehr genaue, angeborene Vorstellung von einer guten Futterzusammensetzung ... und die entspricht immer noch weitestgehend der Zusammensetzung von Gräsern. Alles, was in Gräsern viel drin ist, wie Silicate, Cumarine, Oxalsäure etc, erkennen sie und bevorzugen sie.
Die ganzen anderen Stoffe müssen sie erst lernen - dazu nehmen sie (wie übrigens alle Pflanzenfresser) nen Probebiß, warten erstmal ne Weile die Wirkung ab und erst nach Tagen entscheiden sie sich, ob sie die neuen Pflanzen als Futter akzeptieren, oder nicht, manchmal gehen sie sogar auf Nummer sicher und probieren vorsichtshalber nochmal ...
Man muß sich schon ganz schön anstrengen, um Meerschweinchen mit Pflanzen zu vergiften!
(Mit hochgezüchteten Weidelgräsern geht das allerdings schon ... vor allem, wenn nur Turbowiese oder Turbowiesenheu im Angebot ist.)

Beim Probebiß werden allerdings auch die medizinischen Wirkungen studiert ... wenn ein Meerschweinchen erstmal krank ist, wird es nicht erst lange rumprobieren, was ihm helfen könnte, es greift einfach auf eine Datenbank zurück, in der alle Pflanzen samt ihrer Wirkung gelistet sind, die das Meerschweinchen schonmal im Leben probiert hat. Ist nix passendes bei, hat das Meerschweinchen ein Problem, es wird als krankes Meerschweinchen nix neues probieren.
Wenn es was Passendes schon probiert hat, wird diese Pflanze zielgenau gesucht, angesteuert und in der exakt richtigen Dosierung gefressen.
Noch ein Grund mehr, Meerschweinchen möglichst abwechslungsreich und artenreich zu ernähren.

Und das ist immer noch nicht alles ... Meerschweinchen haben den absoluten Überblick über die Nährstoffe, die sie schon genügend gefressen haben und die sie noch futtern müssen, um alles zu haben, was sie brauchen - und auch das können sie viel genauer über die Futterselektion managen, wie wir Menschen es jemals für sie vorgeben könnten!
Wieviele Nährstoffe wann gebraucht werden, ist ihnen übrigens wiederum angeboren, allerdings müssen sie auch wieder lernen, die Nährstoffe zwischen den Wirkstoffen in der Pflanze herauszuschmecken. Das machen sie normalerweise in den ersten Lebenswochen, weshalb es ja so hilfreich ist, daß sie noch zusätzlich Muttermilch bekommen. So können sie sich Zeit lassen beim Lernen, ohne hungern zu müssen.

Es gibt dennoch Fehler in der Selektion ...
Hausmeerschweinchen haben über viele Tausend Generationen so gut wie keine Sämereien mehr bekommen ... sie vertragen deshalb Sämereien, insbesondere Grassamen (Getreide!), nicht mehr so gut, wie die Wildform, die Tschudis - aber sie selektieren immer noch genauso wie die Tschudis, verschätzen sich also mit Sämereien recht schnell und immer wieder.
Hier muß dann einfach der Mensch eingreifen, wenn man merkt, daß die Meerschweinchen im Winter nicht zunehmen und Sämereien ad lib verfüttert - einfach Samen weglassen, schon nehmen die Meerschweinchen zu.
Oder, wenn die Meerschweinchen von den Samen zu dick werden und der Bauch schon über den Boden schleift - Samenration kürzen oder ganz weglassen und schon nehmen die Schweinchen wieder ab ... da heißts dann einfach beobachten, nicht jedes Schweinchen ist gleich.

Katharina

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 2 am: 16. April 2014, 22:55 Uhr »
Danke für den ausführllichen und interessanten Beitrag, Murx Pickwick. :-)

Sämereien bekommen meine Schweinchen nicht - abgesehen von geschälten Sonnenblumenkernen, die sie einzeln als Leckerchen kriegen und zeitweise ein paar Haferflocken zum Dickwerden, wenn ein Schweinchen das braucht.

Efeu regelrecht zu verfüttern würde ich mich nicht trauen. :grusel: Ich dachte immer, Efeu wäre hochgradig giftig? Hab grad mal kurz gegooglet: http://www.hausgarten.net/gartenpflege/pflanzen-pflegen/ist-efeu-giftig.html

Wie gesagt, ich war anfangs (das müßte jetzt etwa sechs Jahre her sein) ziemlich in Panik, dass sich die Schweinchen damit im Garten vergiften könnten. Hin und wieder hat schon mal eines der Tiere an einem frischen Blatt geknabbert, das ich ihm dann weggenommen habe, wenn ich das mitbekommen habe.

Aber ganz vermeiden ließ es sich natürlich nicht, dass sie auch mal an den Efeu gehen. Meine Schweinchen dürfen im ganzen Garten frei herumlaufen und genießen das sehr.

Mittlerweile fällt es mir nicht mehr so auf, dass sie die frischen Efeublätter benagen. Entweder schmeckt er ihnen nicht oder ich hab sie durch mein ständiges Eingreifen in den ersten Jahren so verschreckt, dass sie diese Pflanze als "verboten" einordnen. ;-)

Was sie aber auch jetzt noch immer mal wieder erwischen und offenkundig sehr gerne mögen ist ein "knuspriges Herbstblatt" von dem Efeu im Garten, das auf der Wiese herumliegt, Efeu-Chips, sozusagen. Die ziehe ich ihnen auch aus dem Mäulchen, wenn ich sie noch rechtzeitig damit erwische, bevor sie damit vor mir wegrennen.

Ich glaube aber, dass in diesen abgestorbenen Efeublättern vom Vorjahr kaum noch Giftstoffe enthalten sind? Jedenfalls erfreuen sich meine Schweinchen alle bester Gesundheit; Vergiftungserscheinungen konnte ich noch nie beobachten.

Zora ging vor vier oder fünf Jahren (als einzige, die anderen Meerschweinchen hat das nicht interessiert) immer wieder an den Sommerflieder im Garten dran, der ja zumindest schwach giftig ist. Um Schweinchen und Strauch zu schützen, hab ich dann ein Gitter um den Strauch gestellt, wenn wir draußen waren. Da hatte sie aber schon eine ordentliche Portion davon gefressen, sie war damals ganz wild auf diesen Strauch.

Es hat ihr glücklicherweise wohl nicht geschadet, ich konnte damals keinerlei Verdauungsbeschwerden oder andere ungute Wirkungen bei ihr beobachten. Mittlerweile interessiert sie dieser Strauch nicht mehr.
Zora wird übrigens am 1. Juni neun Jahre alt :ms1: und ist für ihr Alter noch topfit.

Liebe Grüße
Katharina :ms2:

Murx Pickwick

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 3 am: 17. April 2014, 10:24 Uhr »
Was den Efeu für den Menschen so unbekömmlich macht, sind die Saponine im Efeu, dazu kommen noch die Polyine Falcarinon und Falcarinol, eventuell noch weitere Polyine und Polyinepoxid. Genau diese Polyine sind es auch, welche immer wieder zu heftigen Hautreizungen bei Gärtnern führen, sie sind für den Menschen hochgradig allergen ...
Wirklich giftig ist der Efeu allerdings selbst für den Menschen nicht, ansonsten wäre ich schon längst mehrfach ins Krankenhaus gekommen mit schwersten Vergiftungen, denn meine Lunge funktioniert nicht mehr richtig - und immer dann, wenn ich nicht mehr richtig atmen kann, fange ich an, Efeublätter zu essen, bis sie mir im Mund brennen und sie nicht mehr schmecken ... die höchste Menge waren drei Blätter gewesen - und ich hab mich hinterher richtig gut gefühlt, weil ich endlich wieder durchatmen konnte!
Mußt mich mal sehen, wenn ich zum Frühstück die von mir so geliebten Croissants esse ... danach hab ich die nächsten Stunden heftige Bauchschmerzen, Blähungen, teilweise wässrigen Durchfall - also wenn was giftig ist, dann ists nicht der Efeu, sondern Croissants! :D

Ein weiterer Hinweis für die Harmlosigkeit des Efeus sind die Giftnotzentralen ... in der Berliner Giftnotzentrale wurden in einem Zeitraum von sieben Jahren gerade mal 516 Fälle gemeldet, auch Kinder, welche Efeu (meist die Früchte) gefuttert haben ... es gab nur gelegentlich eine "leichte Symptomatik", also Erbrechen und Durchfall.

Dann gibts nen Selbstversuch von Kanngiesser:
Zitat
Ich selbst aß im Mai eine dicke grünschwärzliche Efeubeere, schluckte sie feinzerkaut herunter und trank etwas Wasser nach. Der Geschmack ist grasähnlich, und zwar etwas widerlicher. Etwa 10 min nach Genuß trat leichtes Brennen im Rachen ein, das ungefähr 1/4 Stunde anhielt. Sonst habe ich kein weiteres Symptom bemerkt.
Sicher, das war nur ein Probebiß ... aber ganz ehrlich, klingt das nach tödlich giftiger Pflanze?
Eine Viertel Frucht der Tollkirsche hat etwa die gleiche Masse, aber deutlich stärkere Wirkungen! Das geht bis zu starken Halluzinationen, Herzrasen und starker Atemnot!

Extrakte aus Efeublättern, wo genau Saponine und Falcarinon/Falcarinol, also die "giftigen" Substanzen des Efeus, mit Ethanol herausgelöst werden, werden noch heute Hustensäfte hergestellt, früher war das ein probates Mittelchen bei sämtlichen Bronchialerkrankungen.
Im Frohne Heilpflanzenlexikon steht unter Nebenwirkungen: Bei bestimmungsmäßigem Gebrauch keine, es wird jedoch auf das allergene Potential des Falcarinols aufmerksam gemacht.

So ... das ist der Teil für Menschen - und Menschen haben eines mit Pferden gemeinsam, wir reagieren als ursprünglich stark umherwandernde und allesfressende Tierart, äußerst empfindlich auf Efeu! Pferde als stark umherwandernde Weidegänger haben das gleiche Problem, auch sie reagieren äußerst empfindlich auf Efeu, wenn man sie zwingen würde, so viel Efeu zu futtern, wie ein Meerschweinchen bei Verdauungsbeschwerden freiwillig frißt, wird das Pferd schwer krank!

Meerschweinchen dagegen sind Standortweider und haben von jeher das Problem gehabt, sind die ganzen schmackhaften und gut bekömmlichen Pflanzen schneller weggefuttert, wie sie nachwachsen, müssen sie zwangsweise an die Giftflora gehen ... und wenn schwein schonmal dabei ist, sich durch die Giftflora zu futtern, dann nutzt schwein die Gifte auch gleich für die eigene Gesundheit - kurzum, Meerschweinchen haben nicht nur diverse Anpassungen gebildet (beispielsweise ihr Magen, wo Pflanzenmaterial ungewöhnlich lange mit enzymreicher und äußerst saurer Magensäure vermischt rumliegt, oder der Blinddarm, welcher vollbesetzt ist mit diversen Mikroorganismen, die teilweise sogar Saponine als schmackhafte Beikost ansehen.), sondern sie fressen solche Pflanzen auch, um ihre Blinddarmgesellschaft und Dickdarmgesellschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, wenn da mal ein paar Mikroorganismen sich unbotmäßig schnell vermehren ... denn speziell die Saponine sind für Giardien, Hefen, E. coli und vielen anderen unerwünschten Mikroorganismen tödliche Gifte!

Es geht aber noch weiter ...
Der Name Efeu kommt ja irgendwoher ... und hier haben wir es mit dem früher als Winterfutter verfütterten Ep-Heu zu tun, was wiederum von Ewigheu kommt (von der Bedeutung ewig grünes Laub, denn Heu hieß ehemals Laub)!
Das Ep-Heu wurde speziell in nordischen Ländern viel an Ziegen, Schafe und überbrüht sogar an Rinder verfüttert! In vielen Gegenden im deutschsprachigen Raum kannte man Efeu als Winterfutter sogar bis ins 19. Jhr hinein. Das hätten die Leute damals nicht gemacht, wenn ihnen das Vieh nach der Fütterung reihenweise umgekippt wäre, das hatten die gemacht, damit diese Tiere überhaupt gesund durch den Winter kamen! Der Efeu galt sogar als ein sehr gutes Winterfutter.
Hatte man übrigens zuwenig Laubheu und/oder Wiesenheu, wurde einfach Efeu im Winter gesammelt und da er nunmal von den Ziegen und Schafen nur zu einer gewissen Menge gefuttert wird, einfach genauso überbrüht, wie man es mit dem Efeu für Rinder machte - so konnte dann das Laubheu und Wiesenheu fast komplett mit Efeu ersetzt werden.
Auch das spricht mir jetzt nicht gerade dafür, das wir es mit einer bösen Giftpflanze zu tun haben ... Giftpflanzen wurden höchstens einmal ans Vieh verfüttert, dann nie wieder, aber sie wurden doch nicht als gute Futterpflanzen immer wieder verfüttert  :frage:
Zumindest ich halte unsere Altvorderen nicht für so bescheuert!

Auch bei Tierärzten war mal bekannt, daß Efeu für Kaninchen keineswegs giftig ist ... zumindest wird Efeu für Kaninchen als ungiftig im Giftpflanzen-Vademekum gelistet. Ein weiterer Standortweider, der genau wie die Gebirgsbewohner Ziege und Schaf und unser Meerschweinchen Efeu freiwillig und unbeschadet frißt.

Meine eigenen Erfahrungen mit Efeu sind sehr positiv ... inzwischen empfehle ich sogar, bei der Umstellung von schwerstgeschädigten Kuntibuntimeerschweinchen jeweils ein Blatt Efeu mit beizulegen - die Meerschweinchen finden sehr schnell heraus, ob ihnen der Efeu hilft oder nicht - hilft er ihnen, ist es erstaunlich, wie schnell sich die Meerschweinchen erholen und ohne Blähungen zu bekommen in Rekordzeit sogar Kohl und Klee wieder vertragen. Ohne Efeu dauert es länger ...
Efeu als Winterfutter hab ich jahrelang genutzt, es wurde teilweise liegengelassen, teilweise jedoch auch in größeren Mengen gefressen - und zumindest bei den Meerschweinchen hatte ich nicht mal gluckernde Meerschweinchen über den Winter.
Bei den Kaninchen war das anders, als ich glaubte, ich könne meine Kaninchen auf die überall im Netz als "artgerecht" angepriesene Heuernährung mit bissi Gemüse umstellen, ging das selbst mit Efeu verdammt schief ...

Was den Wirkstoffgehalt angeht ... der konzentriert sich durch das Trocknen noch, da weder Saponine, noch Falcarinol abgebaut werden. Außerdem ist Falcarinol lange nicht so flüchtig, wie andere Polyine ... das verschwindet also erst aus dem Blatt, wenn das Blatt über ein Jahr lang liegenbleibt und vor sich hindünstet :D

Du meinst mit dem Sommerflieder Buddleya?
Der findet sich nicht mal im Frohne und Pfänder als Giftpflanze ... und Dieter Frohne und Hans Jürgen Pfänder haben eigentlich sehr gründlich gearbeitet, für mich ist das Buch zur Bibel geworden ...

Literatur:
Frohne und Pfänder (2004): Giftpflanzen, ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen. wiss. Verlagsges. Stuttgart
Kanngießer, F. (1915): Über die Giftigkeit einiger Beeren. Ber. Dtsch. Pharm. Ges. 25, 326 - 327
Frohne, D. (2006): Heilpflanzenlexikon. wiss. Verlags.Ges. Stuttgart
Laudert, D. (2004?): Mythos Baum, blv-Verlag
Machatschek, M. (2013): Nahrhafte Landschaft: Ampfer, Kümmel, Wildspargel, Rapunzelgemüse, Speiselaub und andere wiederentdeckte Nutz- und Heilpflanzen. Böhlau Verlag Wien
Liebenow, H. + K. (1993): Giftpflanzen: Vademekum für Tierärzte, Landwirte und Tierhalter.

Auratus

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 4 am: 18. April 2014, 11:46 Uhr »
Dazu Murx, eine Frage: Wie kommts, dass meine Schweinchen sich auf hartes Brot stürzen (veraltete Fütterungsansichten meiner Eltern), obwohl es ihnen so gar nicht gut tut?

Murx Pickwick

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 5 am: 18. April 2014, 18:22 Uhr »
Altes Brot erkennen Meerschweinchen als Grassamen ... hat die Konsistenz, den Geschmack und beinahe auch die ernährungsphysiologischen Parameter (beinahe nur deshalb, da Brot nunmal aus Futtermehl zusammengebacken wurde - und Futtermehle noch kleingemahlener sind, wie Samen, die von Meerschweinchen gekaut werden)

Und genau hier greift wieder das inzwischen "veraltete" Selektionskriterium der wilden Vorfahren der Meerschweinchen - sie fressen oftmals zuviel von dem Brot, mehr wie sie vertragen.

Es gibt dann noch ein Selektionskriterium, was greift ... etwas, was selten und nahrhaft ist, wird gesucht und auch in großen Mengen gefuttert, mehr, wie ein Meerschweinchen braucht - auf Vorrat sozusagen. Ich nehme an, das altbackene Brot gibts bei euch nur selten ... die Folge daraus, die Meerschweinchen werden regelrecht gierig nach diesem Grassamenersatz und fressen nun erst recht zuviel davon ...
Würde das Brot nun über ein, zwei Wochen tag und nacht in beliebiger Menge zur Verfügung stehen, würden die Meerschweinchen sich den Bauch damit vollschlagen, bis sie Bauchweh bekommen und es infolge dieser schmerzlichen Erfahrung nach und nach liegenlassen - allerdings leider nicht gänzlich, einen kleinen Teil holen sie sich trotzdem, nämlich genau so viel, wie ihre wilden Vorfahren an Menge an Grassamen gesucht und gefressen hatten ... und dieser kleine Teil ist für die meisten Hausmeerschweinchen immer noch zu viel! Sie hatten ja über gut viertausend Generationen plusminuszerquetschte keine Grassamen mehr bekommen, weil die die Menschen gegessen hatten ... Magen-Darmtrakt hat sich daran angepaßt, Selektionsverhalten dagegen noch nicht.
(Wobei ... bei mir wurde viel hartes Brot von den Nachbarskindern angebracht und angeboten, das wurde irgendwann tatsächlich fast nur noch von den neu dazugekommenen Meerschweinchen gefressen. Verlassen würd ich mich allerdings nicht drauf.)

Der Mensch muß hier also beobachten und eingreifen ... und da nu Brot die ungesündeste Alternative ist, Grassamen zu verfüttern, heißt das in dem Falle tatsächlich ausnahmsweise mal, ganz wegrationieren ... (es sei denn, man billigt den Meerschweinchen auch ein paar ungesunde Leckerli zu, wir essen ja auch nicht immer gesund ... aber das muß jeder Halter für sich entscheiden, wie er das handhabt. Spätestens wenn es jedoch zu Darmerkrankungen kommt, war es zuviel, soviel sollte eigentlich nie verfüttert werden.)

Gibt übrigens noch mehr Futtermehlformen, außer Pellets, Kuntibunti und Brot: Erbsenflocken, Haferflocken, Dinkelflocken und andere Flocken ... diese werden morderner Art und Weise meistens nicht mehr durch Plattwalzen und Trocknen hergestellt, sondern durch Mahlen, mit Wasser vermischen, in Flockenform pressen, trocknen - und diese Form der Flocken sind genauso ungesund wie Brot!

Auratus

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 6 am: 18. April 2014, 19:41 Uhr »
Ahh okay... Mein Meerschweinchen hat sich mal an Luftwurzeln von Schmetterlingsorchideen versucht...
Wenn die Wutzlein was "Giftiges" fressen, wurde das nur "giftig für Mensch" deklariert und das Schweinchen findet es toll das zu probieren... Oder irrt sich Schweinchen auch?

Murx Pickwick

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Antwort: Wissen Meerschweinchen selbst, was gut für sie ist?
« Antwort 7 am: 18. April 2014, 21:37 Uhr »
Erst die beruhigende Nachricht ... fast alle, wenn nicht sogar alle, Orchideen im Handel sind auch für den Menschen eßbar. Es gibt vermutlich keine Orchidee, die tatsächlich in der Lage ist, nen Menschen ins Krankenhaus zu bringen ... zumindest gibt es keine solche Orchidee im Handel.

Jetzt die beunruhigende Nachricht ... fast alle im Handel befindlichen Orchideen werden gehegt, gepflegt, gepäppelt, künstlich zum blühen gebracht, mit allerlei hochgiftigen Substanzen gegen Spinnmilben, Tausenfüßler, diversen Pilzen und ka, was noch alles gespritzt und auch sonst eigentlich ziemlich entnaturisiert - was also ehemals eine eßbare Pflanze war, kann über die Behandlung in den Gärtnereien zu einem wüsten Cocktail aus tödlichen Giften werden ...

... wie giftig diese Cocktails für Meerschweinchen wirklich sind, weiß kein Mensch - bzw Mensch weiß es erst, wenn Meerschwein probiert hat ...

Wenn die Orchidee, ohne gegen Schädlinge, Pilze etc behandelt worden zu sein, schon nen Jahr bei dir in der Wohnung rumsteht, kannst du von ausgehen, die ist wieder eßbar ... erst recht für Meerschweinchen! :D

Jetzt zum ersten Teil der Frage ... können sich Meerschweinchen in Pflanzen irren und etwas für gutes Futter halten, was sie in Wirklichkeit krank werden läßt?
Ja, leider, sie können ... insbesondere, wenn sie noch nicht viele Pflanzen kennen.
Genau deshalb passiert es beispielsweise, daß Meerschweinchen, die noch keine Hahnenfüße kennen, wegen Hahnenfuß Matsche bekommen - sie haben sich verschätzt und zuviel davon gefuttert. Auch, wenn ihnen das nur einmal im Leben passiert - es ist eine Art von sich Irren!

Inwieweit es bei den Top 10 der Giftigkeit Pflanzen gibt, die Meerschweinchen tödlich erkranken lassen, weil Meerschweinchen nicht rechtzeitig erkennen, wie gefährlich die Inhaltsstoffe dieser Pflanzen sind, weiß ich nicht - hab ich nie ausprobiert und werde ich nie ausprobieren. Ich weiß nur, wenn diese Top 10 der Giftigkeit im Garten rumstehen, der entsprechend artenreich bepflanzt ist und wo genügend unterschiedliche Gräser für die Meerschweinchen da sind, passiert ihnen das nicht, da irren sie sich bei solchen Pflanzen nie ... sie probieren in der Regel nicht mal!
Handelt es sich um kurzgemähten, gepflegten Monokultur-Trittrasen, passend für Schatten und Sonne oder so ähnlich, und ansonsten steht die Top 10 der Giftigkeit dekorativ um diesen Rasen drumrum, bin ich mir nicht mehr sicher, ob da die Meerschweinchen sich nicht doch irren, und das auch noch mit fatalem, also tödlichem Ausgang - so eine Konstellation ist unnatürlich, daran konnte sich kein Schwein anpassen!
Es kommt also auf die Umgebung an, wie wahrscheinlich es ist, daß sich Meerschweinchen in der Futterselektion irren.

Dann gibt es immer wieder einen fatalen Irrtum bei Meerschweinchen, den kann man bei fast jedem betroffenen Meerschweinchen beobachten. Werden Meerschweinchen über längere Zeit mit Kuntibunti, Pellets und/oder mit Heu und bissi Gemüse gefüttert und bekommen dann nen richtig schönen saftigen, großen Wirsingkohl vorgesetzt, werden sie den Wirsing bevorzugt fressen, der enthält nämlich all das, was Meerschweinchen im bisherigen Futter nicht oder zuwenig bekommen hat - durch den total kaputten Darm allerdings ist das Meerschweinchen nicht mehr in der Lage, den Kohl korrekt zu verdauen, das gibt im günstigsten Fall nen Flotten, im ungünstigsten Fall tödliche Trommelsucht!
Gleiches passiert unter gleichen Bedingungen mit Klee ...

Kurzum, kennen Meerschweinchen weder Kohl noch Klee, muß Beides IMMER langsam und vorsichtig angefüttert werden - Kohl und Klee dürfen NIEMALS in beliebiger Menge einem Meerschweinchen, was das nicht kennt, in beliebiger Menge vorgesetzt werden ... zumindest nicht, wenn man sie noch länger lebendig behalten will ... auch wenn das nur eine Daumenregel aus Vorsicht ist, die ist lebensrettend!
Kennen Meerschweinchen gar nix Frisches, bzw nur Heu und bissi Gemüse, muß auch Wiese angefüttert werden (gilt auch oftmals nach Winterfütterung, wenn zuwenig oder ungeeignetes Blättriges im Angebot war) - ist allerdings deutlich leichter und geht schneller, wie Kohl und Klee, da man hier nur die Wiese mit Heu mischen braucht, genau wie bei Schafen auch. Außerdem sind hierbei Äste und Zweige samt Blättern äußerst hilfreich, da sie die Gerbstoffe liefern, die das Meerschweinchen zum Schutz des Darmes braucht.

Hab ich was vergessen?
Bestimmt ...
Das Thema Futterselektion ist nämlich nur auf den ersten Blick einfach, je genauer man hinschaut, desto komplexer wird die Materie.