Das Meerschweinchen Forum

Meerschweinchen-Ernährung => Meerschweinchen & Pflanzen => Thema gestartet von: Auratus am 20. Dezember 2014, 18:25 Uhr

Titel: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 20. Dezember 2014, 18:25 Uhr
Sie sind die Früchte des Schwarzdorns, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schlehdorn (http://de.wikipedia.org/wiki/Schlehdorn)
Fotos lade ich nach hundkatzemaus von meinem Handy, war heute Schlehen sammeln.
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 20. Dezember 2014, 21:00 Uhr
Wenn man so spät loszieht wie ich, hat man den Vorteil, dass die Blätter nicht mehr stören. Nur noch die nackten Früchtchen, die schon zum Teil aufgeplatzt waren.
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Vio am 20. Dezember 2014, 21:35 Uhr
Und was machst du dann mit denen?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 20. Dezember 2014, 21:40 Uhr
Ich dachte die zu waschen und dann in Doppelkorn zu ersäufen  :haha:
Ist in den Kernen irgendwas Tolles drin oder nur im Fruchtfleisch?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 20. Dezember 2014, 22:50 Uhr
In den Kernen hast du viel Gerbsäure, die macht den Schlehengeist geschmacklich ein wenig belegt.
Wenn du aber schön brav die ersten Fröste abgewartet hast und nicht auf die blödsinnige Idee kommst, die Schlehen einzufrieren, ist das allerdings gar nicht so ausschlaggebend.
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 20. Dezember 2014, 22:56 Uhr
Es hat hier schonmal geschneit, die Schlehen sind auch teilweise aufgeplatzt und an den "Platzwunden" ist das Fruchtfleisch braun gefärbt. Kann ich die so nehmen, ist das ungefährlich? Und wieviele Gramm Schlehen auf 0.7l Korn?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 20. Dezember 2014, 23:11 Uhr
Bei den aufgeplatzten Schlehen solltest du genau hinschauen - sie sind dort oft verschimmelt, das ist natürlich im Schlehengeist jetzt nicht so der Gesundheitsburner ...

Meistens wird empfohlen, 200g Schlehen, 2 Eßlöffel Zucker.
Der beste Schlehengeist, den ich je getrunken hatte, war ein Selbstangesetzter, wo der Mensch dazu die Schlehen in einen Pott gequetscht hat und dann nur mit Korn aufgegossen hatte, bis die Schlehen gerade eben so mit Korn bedeckt waren (also wie Rumtopf, nur daß beim Rumtopf die Früchte zumeist ganz bleiben). Das waren eindeutig mehr wie 200g Schlehen auf 0,7l Korn.
Leider weiß ich nicht, was dieser Mensch noch so alles da mit reingetan hat - ist nämlich sein grooooßes Geheimnis ... *seufz*
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 20. Dezember 2014, 23:30 Uhr
Ja, die mit Schimmel hab ich dort vor Ort gelassen....Also kann ich die aufgeplatzten auch noch nehmen?
Hmm dann hau ich noch Kandis mit ran...
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 20. Dezember 2014, 23:41 Uhr
Du mußt die ja eh ein wenig anmatschen, damit sie den Geschmack besser abgeben - also können da auch Aufgeplatzte mit rein :D
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 21. Dezember 2014, 18:02 Uhr
So, habe den Krümelkandis mit auf die entkernten Schlehen, dann einmal mit dem Schneidstab durch und das dann ner Flasche eingetrichtert, Korn druff, gut is. 8 Wochen stehen lassen oder so?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 21. Dezember 2014, 18:11 Uhr
Mind. ... ja ...
Schlecht werden sie ja nicht bei dem Alkoholgehalt, das heißt, selbst wenn du sie jahrelang einbunkerst (allerdings dann dunkel, nicht hell), passiert nix, außer daß der Schlehengeist besser durchzieht :D
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 21. Dezember 2014, 18:17 Uhr
Nun hätte ich gerne eine detaillierte Erläuterung zum Thema "durchziehen" ("einen durchziehen" wissen wir glaub ich alle was das heißt...)
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 21. Dezember 2014, 20:32 Uhr
In dem Fall mein ich wirklich nur den Lösevorgang von Wirk-, Aroma- und Geschmacksstoffen in den Alkohol ...  :pfeif:
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 21. Dezember 2014, 20:50 Uhr
Ein Einzeiler? Murx, ich bin echt enttäuscht.  :I
Was für Wirkstoffe sind denn so in den Schlehen, die den Schweinchen auch ohne Alkohol nützen könn(t)en? (nur um beim Thema zu bleiben)
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 22. Dezember 2014, 20:16 Uhr
Für Meerschweinchen interessant sind weniger die Früchte, wie vielmehr das Gesträuch selbst - und hier ändert sich die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe stark.

Im Frühjahr erscheinen die Blüten als erstes, lange vor den Blättern. Sie zeichnen sich durch Kämpferolglycoside, Flavonoide, Amygdalin (ein Blausäureglycosid, welches sich auch in den Kernen der Pflaume widerfindet), Quercetin, Quercitrin, Rutin, Hyperosid und Cumarinderivate aus. Weiterhin finden sich im Nektar (wie in allen Nektaren) hohe Konzentrationen an Saccharose, Fructose und Glucose und weiterhin die üblichen Mineralstoffe, welche sich in jedem Nektar finden lassen.
Interessanterweise scheint diese Zusammensetzung der Blüten ideal bei Zahnfleischentzündung und offenen Kieferabszessen zu sein - die Heilung wird teilweise erst durch das intensive Blütenkauen ermöglicht oder zumindest beschleunigt.
Ich hab bislang jedoch zu dem Thema noch keine wissenschaftlich abgesicherte Studie gefunden ... allerdings deuten meine Beobachtungen in die gleiche Richtung.

Am Grund der Blattspreiten befinden sich im Sommer Nektardrüsen mit ähnlicher Zusammensetzung, wie die Blüten im Frühjahr, um die Zucker dorthin zu transportieren, werden deshalb im Gegensatz zu den meisten anderen Gehölzen im Sommer große Mengen Xylitol im Xylem transportiert, welcher dann in den Nektardrüsen in leichtverdaulichen Zucker umgewandelt wird. Die Blätter sollten also für Meerschweinchen einen ähnlichen Heileffekt auf offene Kieferabszesse und Zahnfleischentzündungen haben, wie die Blüten. Zusätzlich findet sich in den Blättern große Mengen an den in allen Blättern befindlichem Chlorophyll und überdurchschnittlich viele Carotinoide (deshalb sind die Blätter auch so dunkelgrün). Die Aufgaben der meisten Carotinoide sind noch nicht erforscht, jedoch werden sie je nach Carotinart in verschiedenen Organen oder in Fettzellen gespeichert, sie müssen also für den Körper irgendeine immens wichtige Bedeutung haben, daß sie derartig gesondert eingelagert werden.
Viele Carotinoide können zu Vitamin A umgewandelt werden - außerdem sind Carotinoide an der Aktivierung von Vitamin C im Körper beteiligt. Einige von ihnen sind an der Bekämpfung von Krebszellen involviert, für Lutein und Zeaxanthin ist inzwischen eine Schutzfunktion des Auges nachgewiesen.

In der Schlehenrinde befindet sich ein rotbrauner Farbstoff, der im Mittelalter zu rotbrauner Tinte verarbeitet wurde. Der gleiche Farbstoff läßt sich zur Konservierung von Käse einsetzen ... auch hier fehlt mir noch Literatur, um welchen Wirkstoff es sich tatsächlich handelt, denn dieser Farbstoff ist es, welcher die Rinde auch für Meerschweinchen interessant macht - er verstärkt offenbar die Darmschutzfunktion der üblichen Verdächtigen in der Rinde, dem Quercetin, Rutin und Quercitrin ...

Das Holz selbst ist eher uninteressant für Meerschweinchen, es ist hart, haut enorme unregelmäßige Riefen in die Zähne von Meerschweinchen (vor allem, wenn sie nicht die Rinde schälen und sich mit den Dornen der Schlehe zufriedengeben, sondern gleich die ganzen Zweige futtern - Schlehengehölz empfiehlt sich deshalb stets mit Schachtelhalm zusammen zu kredenzen, damit dieser Riefeneffekt wieder ausgeglichen werden kann) und bietet an verwertbarem fast nur Lignin, welches von Bakterien im Dickdarm zu Phenolsäuren abgebaut wird. Das Lignin findet sich auch in der Rinde, den Dornen und im Herbstlaub der Schlehen.

Die Dornen enthalten etliche Wirkstoffe, welche zu Entzündungsreaktionen führen, wenn die Dornen in der Haut steckenbleiben - Meerschweinchen nutzen sogar diese Wirkstoffe für sich, sie sorgen zusammen mit den Gerbsäuren aus der Rinde und den Dornen für eine ausgeglichene Dickdarmgesellschaft. Die Schlehendornen sind wichtige Medizin für den Darm, die deutlich besser wirkt, wie andere Gehölze.
Allerdings sind es genau diese Wirkstoffe, welche die Dornen für schlehenunerfahrene Meerschweinchen auch gefährlich machen - Meerschweinchen müssen erst lernen, daß Stachelgewächs gefährliche Dornen und Stacheln aufweisen können. Wer also das erste Mal den Meerschweinchen Schlehen anbietet, sollte sie so drapieren, daß die Meerschweinchen zu den Schlehen hinlaufen müssen und nicht gezwungen sind, über sie hinwegzusteigen, um zu anderen wichtigen Ressourcen, wie Ruheplätze, Futter und Wasser zu kommen. Sobald die Meerschweinchen die Gefährlichkeit dieser Dornen gelernt haben und entsprechend vorsichtig die für sich wertvollen Bestandteile des Gehölzes abfuttern, ist die Schlehe für sich genauso ungefährlich, wie Brombeere, Himbeere, Disteln etc ... das verletzungsfreie Fressen von Dornen und Stacheln ist den Meerschweinchen angeboren und sie haben dafür etliche Anpassungen, welche ihnen böse Verletzungen im Mundraum ersparen.
Es geht also bei den Vorsichtsmaßnahmen nur darum, zu verhindern, daß die Meerschweinchen sich die Dornen eintreten oder - noch schlimmer - sich die Augen damit verletzen, denn die Dornen führen schneller wie andere Fremdkörper zu üblen Abszessen.
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 22. Dezember 2014, 20:29 Uhr
 :aug: Wow, imposant. Mit sowas hätte ich gar nicht gerechnet.
Also am besten ein Schlehenstrauch im Schweinchengehege?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 22. Dezember 2014, 23:16 Uhr
Das kommt auf dein Schweinchengehege drauf an - Schlehen verbreiten sich recht unkompliziert und bilden dichte, undurchdringliche Dickichte. Sie nutzen dabei alles, was sie zur Verfügung haben - heißt also, sie bilden ein dichtes, alles erdrückendes Wurzelgeflecht, um nur die Pflanzen und Pilze unter sich zuzulassen, welche ihnen einen Nutzen bringen. Jegliches Gehölz der Schlehen, welches auf oder unter die Erde gerät, bildet erstaunlich schnell Wurzeln aus (man nennt das Absenker) und verbreitet oberirdisch das Dickicht.
Brombeeren haben zwar die gleichen Mechanismen, um sich auszubreiten und Schlehen bilden keine langen, suchenden Triebe, welche von sich aus den beanspruchten Platz meterweit ausdehnt - aber Brombeeren sterben mittig ab, so daß sie sich immer weiter nach außen ausbreiten, Schlehen dagegen bleiben über Jahrzehnte, auch im Zentrum ihres Wachstums, lebendig und wehrhaft.

In engen Meerschweinchengehegen können sowohl Brombeeren, als auch Schlehen zu unangenehmen Platzverschwendern werden - wobei die Brombeeren den Schweinchen einen extrem guten Schutz bieten, in denen Meerschweinchen regelrecht geschützte Gänge beißen. Die Schlehen dagegen wachsen irgendwann im Zentrum so eng, daß selbst Meerschweinchen dort ihre Gänge nicht mehr genügend reinbeißen und pflegen können - das Holz der Schlehen ist dazu zu hart. Das heißt, irgendwann konkurrieren die Schlehen mit den Meerschweinchen um den Platz!

Und noch eine unangenehme Eigenschaft haben die Schlehen - die Spitzen der Dornen, welche sie ausbilden, brechen extrem leicht ab und sind extrem spitz - einmal in die Haut geraten führen sie zu bösen Entzündungen, die nicht mehr heilen wollen, bis die Dornspitzen aus der Haut entfernt wurden, es gibt nur wenige Menschen, deren Haut da entgegenstinken kann und sich dagegen wehren kann (ich gehöre zu den Glücklichen).

Du machst dir also keinen Gefallen, ausgerechnet Schlehen auf 2qm Meerschweinchengehege zu pflanzen ...

Hast du dagegen eine große Weide mit mind. 4qm Platz nur für die Schlehen, sind sie wiederum eine sehr gesunde Bepflanzung. Die Schlehen sind so nett, sich für lange Jahre auf ihre 4qm zu beschränken, wenn man sie ein wenig pflegt und dafür sorgt, daß sie keine Absenker bilden. Sie werden durch Beschnitt unheimlich dicht und bieten kleinen Singvögeln sichere Nistplätze - und für die Schweinchen gesicherte Freßplätze.
Das Zentrum des Schlehendickichts ist allerdings in aller Regel relativ schnell verlorener Platz für die Meerschweinchen, Schlehen werden zu dicht und wehrhaft, insbesondere, wenn die Meerschweinchen versuchen, dort ihre Gänge über Verbiß reinzubauen ... und wie gesagt, das Holz der Schlehen ist selbst für Meerschweinchenzähne zu hart. Die Meerschweinchen beschränken sich innerhalb von zwei Jahren auf die Rinde, was die Schlehe wiederum mit extrem dichten Wuchs rund um ihr Zentrum auch am Boden quittiert. Die Schlehen wachsen also unter Meerschweincheneinfluß anders, wie wir es aus dem Wald ohne den bodennahen Verbiß durch Nager gewohnt sind ...
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Auratus am 24. Dezember 2014, 10:09 Uhr
Ach Murx...Kaum wird ne Frage von dir beantwortet, entsteht gleich wieder ne neue  :I
Also brauchen Meerschweinchen eigentlich gar kein Häuschen, wenn sie sich ihre "Häuschen" in Brombeergebüsch fressen können?
Titel: Antwort: Schlehen
Beitrag von: Murx Pickwick am 24. Dezember 2014, 10:31 Uhr
Brombeerbüsche schützen vor Feinden, nicht vor der Witterung ... und Hausmeerschweinchen sind keine Tschudis mehr, die sind einfach nicht mehr so gut an naßkaltes Wetter angepaßt, heißt also, als Witterungsschutz ist ein Häuschen, voll mit Stroh und/oder Heu zum Einkuscheln besser (oder noch besser, ein richtiges Schutzhaus mit mehreren kleinen Häuschen drinnen).

Die Gänge, die sich Meerschweinchen in dichte Vegetation beißen, sind tatsächlich nur so eine Art Wehrgang, wie in Burgen, damit sie nicht von Bussard und Co entdeckt werden. Meerschweinchen können sich nicht wehren, sie können sich nur verstecken und fliehen. Wildmeerschweinchen und Tschudis beißen solche Gänge als Verbindung zwischen ihren Ruhezonen und ihren Weiden. Werden sie beim Weiden gesehen und müssen fliehen, haben sie gleich gutausgebaute Rennstrecken, welche ihnen die Flucht erleichtern und den Feinden das Verfolgen erschweren.
Den Hausmeerschweinchen ist das auch angeboren ... bei mir hatten die Weibermeerschweinchen ein regelrechtes Labyrinth in die Vegetation gebaut. Ist halt ein Verhaltensrelikt, denn in Gefangenschaft brauchen sie das ja eigentlich nicht und haben normalerweise auch keine Möglichkeit, das auszuleben.