Autor Thema: Langsame Anfütterung von Gras im Frühjahr - pro/kontra  (Gelesen 11877 mal)

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Murx Pickwick

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Antwort: Langsame Anfütterung von Gras im Frühjahr - pro/kontra
« Antwort 15 am: 30. April 2018, 21:46 Uhr »
Zitat
Übrigens ist mir aufgefallen, dass Konrad keine Gänseblümchen-Blüten frißt. Die anderen mögen sie alle gerne. Konrad frißt nur die Stengel davon und läßt die Blüte dann fallen. Ist ihm vielleicht noch ungewohnt...bevor er zu uns kam, gab es hauptsächlich Pellets für ihn. Er ist immer noch dünn wie ein Strich in der Landschaft, obwohl er nun schon seit vier Monaten da ist. Ein klein wenig hat er zugenommen, aber noch nicht viel.
Ich hätte dafür eine mögliche Erklärung, die wiederum für das Selektionsverhalten der Meerschweinchen sprechen würde ...

Wenn man Kohldampf schiebt, aber nix zu essen findet, kann man Gänseblümchenblüten futtern - man ist schon nach wenigen Blüten "satt" und spürt das Hungergefühl nicht mehr so stark bzw gar nicht mehr (gibt da starke, individuelle Unterschiede).

Die Stiele und die Blätter der Gänseblümchen bewirken das krasse Gegenteil - sie sind appetitanregend und ein probates Mittel, zwei bis drei Stunden vor einem All you can eat-Ereignis den Hunger zu steigern, so daß mehr reingeht ... eine ähnliche Wirkung hat Apfel.

Es ist möglich, daß es auch eine ähnliche Wirkung bei Meerschweinchen gibt ... und Konrad von sich aus nur die appetitanregenden Pflanzenteile futtert.

Matsche bei einem fingernagelstück großem was auch immer Frischem ist bei einer ungesunden Verschiebung der Darmgesellschaft normal ... und gefährlich ...
Das Problem ist, das speziell zu trocken ernährte Meerschweinchen (Chinchillas, Kaninchen ... ) den Reiz bekommen - jetzt gibts Frisches ... also, Wassersparmodus einstellen, Wasser in den Darm leiten, Schadorganismen mit dem wässrigen Kot nach draußen spühlen ... blöd bloß, wenn dann nicht mehr Wasser nachkommt, weil es eben nur ein Fitzelstück grünes Grashälmchen gab - wiederholt man das oft genug, kann dies eine Austrocknung mit sämtlichen Nebenwirkungen regelrecht fördern.
Wenn Frisches, dann immer gleich richtig Frisches - nie Kleinstmengen ... das langsam Anfüttern mit daumennagelgroße Stück gilt nur für Klee und Kohl - und selbst da nicht so wirklich, da kann man ruhig von Anfang an mehr anbieten. Ansonsten ist das ein Irrglaube aus alten Zeiten - gut überlegt, aber dennoch falsch.
Bei stark geschädigten Tieren (Meerschweinchen reagieren da normalerweise sehr robust, bei Kaninchen und teilweise auch Chinchillas ist das jedoch teilweise wichtig zu beachten) sollte allerdings eine gewisse Reihenfolge eingehalten werden, um die Belastung des Verdauungsapparates möglichst gering zu halten:
- erst Gehölz in der Menge, wie die Tiere es freiwillig fressen und noch viel mehr
- Küchenkräuter, hier insbesondere Basilikum
- dann Wegrand und Wiese, eventuell mit Heu gemischt, um ein Schlingen zu verhindern
Klappt selbst mit extrem empfindlichen Kaninchen - vorrausgesetzt, man kommt an genügend Wiese ran, 300 - 500g Wiese am Tag pro Kilo Kanin ist doch teilweise sehr schwer zu besorgen, vor allem, wenn das Kanin so ein kleiner deutscher Riese ist mit 5 - 8kg Kampfgewicht!
Mit blättrigem Gemüse als Ersatz für Wiese wirds bei Kaninchen oft dennoch recht schwierig - bei Meerschweinchen gibts da eher seltener Probleme, sie sind nunmal viel robuster vom Verdauungstrakt her, wie Kaninchen und kommen selbst mit blättrigem Gemüse ganz gut klar.

Meerschweinchen nutzen Wiesenheu oftmals auch als Verdünnung ... beispielsweise können sie mit eiweißreicher Wiese nicht wirklich viel anfangen, sie fressen dann oft deutlich mehr Wiesenheu, wie sie bei magerer Wiese futtern würden - einfach, um den hohen Eiweißgehalt auf ein meerschweinverträgliches Maß zu verdünnen.

Wer in den Bergen wohnt, wird überdurchschnittlich oft Meerschweinchen bei haben, die im Sommer sehr viel Wiesenheu verspachteln - hier ist es der Goldhafer, der speziell im Sommer als Schutz vor der intensiven Sonneneinstrahlung Vitamin D3 herstellt - die Meerschweinchen verdünnen mit dem Heu einfach die Vitamin D3 Konzentration derartig stark, daß sie keine Schäden davontragen.
Andere Meerschweinchen meiden einfach den Goldhafer oder fressen nur wenig und nur die Teile davon, welche wenig Vitamin D3 enthalten. Die fressen dann auch weniger Wiesenheu.