Also zuerst einmal fände ich es super wenn wir Quellen zu den Zitaten hätten. Ich ahne das es um die Studien von Norbert Sachser geht aber wenn man wissenschaftliche Abhandlungen diskutieren möchte sind Verlinkungen zu den Originaltexten immer sehr hilfreich.
Hier gibt es einen netten Film über Sachser und seine Forschung.
https://www.youtube.com/watch?v=JpYrvmefbvgDarin werden viele Dinge klar belegt, wie z.B. das Bockverträglichkeit eine Frage der Sozialisation ist, es einen Unterschied macht ob ein Meerschweinchen "einen" Partner oder "den" Partner hat und eben auch das weibkliche Nachkommen bei viel Stress in der Trächtigkeit maskulinisieren.
Die Arbeiten von Sachser sollte jeder interessierte Halter kennen, denn das würde schon vielen Halbwahrheiten und Haltungsfehlern vorbeugen.
Auch Rüdiger Beer hat dazu eine interessante Studie veröffentlicht
http://www.amazon.de/History-weiblicher-Hausmeerschweinchen-instabiler-sozialer/dp/3898110648 sehr lesenswert besonders für Züchter. Nach diesem Buch habe ich mich dazu entschieden nicht wie allgemein üblich zu verpaaren sondern ausschließlich Brunstverpaarungen zu setzen.
Wie sind eure Erfahrungen dazu?
Meine Erfahrungen dazu stimmen weitestgehend mit den Studien überein, ich hatte vor Jahren eine Notsau die tragend ausgesetzt wurde, ins Tierheim kam, auf eine Pflegestelle kam und schlussendlich bei mir landete. Die Jungtiere die sie bekam waren zwei Weibchen welche sich sehr männlich aufführten. Eines der Tiere lebte danach bei einer Freundin und blieb zeitlebens auffällig und dominierte die Gruppe inkl. Kastrat stark.
Ich habe z. B. 3 Tiere von Züchtern. Eines kam als Baby zu mir, die anderen beiden im Alter von 1 - 2 Jahren. Das Baby war von Anfang an völlig entspannt und mit sich und seiner Umwelt im Reinen. Die Älteren, die laut Züchterangaben in einer Großgruppe aufgewachsen sind, waren nach der VG wochen- und sogar monatelang scheu, zurückhaltend, ja fast panisch. Trotz dem dass sie gut sozialisiert waren und die VG problemlos verlief (weil sie sich gleich unterordneten), blieben sie lange misstrauisch dem Menschen (also mir ) gegenüber.
Diesen Ansatz verstehe ich nicht so ganz, du beschreibst im Grunde völlig gesundes und natürliches Meerschweinchenverhalten. In Großgruppen beim Züchter aufzuwachsen heisst vielerorts das sie sehr frei leben durfen mit eben entsprechend wenig Kontakt zum Menschen. Davon kann man halten was man will, es hat aber nichts mit den Phänomenen zu tun die in den Studien beschrieben werden. Das scheue Verhalten liegt schlicht an unzureichender Prägung auf den Menschen und ist eigentlich etwas schönes weil es zeigt das unsere Hausmeerschweinchen noch in der Lage sind zu "verwildern".
Die ganze Zucht auf besonders "zahme" Tiere ist in meinen Augen Zucht auf besonders stumpfe Tiere. Ein Baby welches naiv und fröhlich jeder potenziellen Gefahr entgegen hopst emfinden wir als besonders niedlich...Fakt ist aber das so ein Tier sich unter natürlichen Bedingungen nicht durchsetzen könnte.
Natürlich möchte ich damit nicht sagen das es besser wäre nur mit scheuen bis panischen Tieren zu züchten, aber ein gesunder Mittelweg wäre sicher sinnvoller denn wie man Abstumpfung herauszüchten kann und welche sozialen Krüppel daraus resultieren sieht man bei einem Blick in die Rennmauszucht.
Mir persönlich sind Tiere sehr viel lieber die sich eben nicht allem fügen, die nicht starr vor Angst Krallen- und Fellpflege über sich ergehen lassen, denn diese Tiere wird man ewig nicht überzeugen können das man da nichts schlimmes macht.
Im Gegensatz dazu die wehrhaften, die auchmal versuchen zu flüchten oder sich winden um dem Ganzen zu entgehen. Diese Tiere sind "normal", sie haben sich noch nicht aufgegeben und versuchen aktiv ihre Situation zu verbessern, diese Tiere sind in der Regel auch irgendwann kooperativ weil sie eben nicht völlig stumpf sind. Es dauert zwar länger aber wenn man Vertauen geniesst dann ist das auch von Dauer.
Aber ein Tier aus der Zucht hat doch bestimmt keine schlimmen Erfahrungen gemacht (hoffe ich jedenfalls ). Warum reagiert es so? Weil, wie oben in der Studie beschrieben, die Lebensumstände und/oder das Verhalten und das Befinden der Mutter VOR der Geburt ausschlaggebend waren?
Das sind einfach zwei verschiedene Paar Schuhe, um scheue/verwilderte Tiere geht es in der Studie ja nicht sondern um den Einfluss von Stresshormonen auf die Jungtiere. Was du beschreibst ist ja "normale" Scheue, diese würden (theoretisch) diese Jungtiere nicht prinzipiell zeigen sondern sie verhalten sich innerartlich besonders. Die Weibchen wie Böcke und die Böcke ungewöhnlich passiv...mit dem Verhalten zum Menschen hat das meiner Ansicht nach nichts zu tun.