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Die "Eugensche Kur" - auch für Meerschweinchen?

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Murx Pickwick:

--- Zitat ---Müssen wir denn immer alles "weiterentwickeln"? Ist nicht gerade dass das problematische an der Zucht von Haustieren? Warum nicht ein ursprüngliches, gesundes Tier in seiner Form erhalten? Warum nicht "Klone" eines gesunden Tieres erhalten?
Das hätte gerade in der Hundezucht viele Extreme verhindert, hätte man mit der "Weierentwicklung" aufgehört als der Mops noch ein sportlicher, freiatmender Hund war o.ä.

--- Ende Zitat ---
Das Problem an der mordernen Zucht ist nicht so sehr der Gedanke, etwas weiterentwickeln und vervollkommnen zu wollen - sondern das Problem ist, daß der Gedankenansatz einer effizienten Zucht falsch ist ...
1. Gezüchtet wurde in Populationen - wenn ein Hirte einen guten Treibehund haben wollte, hatte er sich in der Nachbarschaft umgeschaut und hatte bei befreundeten Hirten einen Hund bestellt, der selbst gute Hunde hatte.
Er hatte aber nicht geschaut, ob es die beste Hündin und der beste Rüde ist, die da miteinander verpaart wurden ... es ging nur darum, es mußten gute Hunde sein, weiter nix.
In der heutigen Zeit wird nur noch das Beste mit dem Besten verpaart, ein Denken in Populationen ist in Züchterkreisen, egal ob Nutzvieh oder Luxustier, schlichtweg nicht mehr vorhanden. Wenn ein Mops auf der Ausstellung nur ein V2 bekommt, ist das eine einzige Katastrophe ... nicht, daß das Vorzüglich schon ausweisen würde, daß er dem gültigen Rassestandard vorzüglich entspricht, das reicht einfach nicht mehr - er muß der Beste der Besten sein, nur dann ist er es wert, in der Zucht Verwendung zu finden ...
2. Durch die Einschränkung der Population auf die Besten der Besten fällt über 80% des durchaus für die Zucht geeigneten Materials raus ... innerhalb kürzester Zeit bleiben nur noch die Besten der Besten über vom Genmaterial her - tja, und wenn die zufälligerweise eine die Fitness einschränkende Eigenschaft haben ...
Hat man nun nur noch die 20% übriggebliebenes Erbmaterial, wird dies zusätzlich eingeschränkt, denn wenn ein Rassetier dem falschen Verein angehört, ist es raus aus der Zucht ... und da die Vereinsmeierei nicht nur in Deutschland die schönsten Blüten treibt, wird die übriggebliebenen Spitzenzuchtpopulation weiter aufgesplittert in möglichst viele Teilpopulationen, die möglichst gar nicht mehr zusammengeführt werden.
80% vom übriggebliebenen Spitzenmaterial gehen so der Gesamtpopulation auch wieder verloren ...
Das war früher anders, nehmen wir ein vergleichbares Zuchtziel, die Schönheit, dann sind wir schnell bei der Taubenzucht angekommen ... Taubenzüchter hatten die gefälligen Tauben am leben gehalten, die nichtgefälligen Tauben kamen in den Kochpott, das war also schonmal eine Populationszucht.
War der Taubenzüchter in der nächsten Stadt, kam er mit anderen Taubenzüchtern zusammen, die auch ihre eigenen Taubenpopulationen pflegten - auch hier wieder nicht die Besten der Besten, sondern vielmehr, was nicht gefällig war, kam in den Kochpott, ansonsten paarten sich die Tauben auch dort, wie sie Lust und Laune hatten. Gefiel unserem Taubenzüchter eine Taube eines anderen Züchters besonders gut, nahm er gleich nen Pärchen mit und ließ die zwischen seinen Tauben fliegen - und Tauben sind nunmal eben nicht ewig treu, da wurde dann schonmal ab und an Ehebruch begangen - und schon war das Genmaterial völlig anders aussehender Tauben plötzlich in diese Taubenpopulation gelangt ... und aus diesen Kindern wiederum wurden die Häßlichsten rausgesucht - und landeten im Kochtopf ...
Es gab weder die Definition von Rasse und da darf nix anderes wie die gleiche Rasse eingekreuzt werden, noch gab es eine Aufsplitterung der einzelnen Zuchtpopulationen, einfach - in der Stadt kam eh alles wieder zusammen ...
3. Wenn ein Hirte einen guten Treibehund haben wollte, dann mußte er Intelligenz, Ausdauer, Härte, Wetterresistenz (die Hunde schliefen draußen, die kannten keine beheizten Wohnzimmer), Hütewillen, den Willen zur Zusammenarbeit, Futtergenügsamkeit, Wachsamkeit usw usf haben - das ist ein riesiger, unüberschaubarer Katalog an Eigenschaften, der einen guten Hütehund ausmacht.
Die Farbe spielte nur insofern mit hinein, daß bestimmte Farben mit besonders guten Treibeeigenschaften einhergehen, so sind Merlehunde beispielsweise besonders aufmerksam, reaktionsschnell, intelligent und ausdauernd ... nur deshalb gibt es auch heute noch das Merlegen bei Hunden, es wäre bei den Treibehunden genauso schnell ausgestorben, wie bei den reinen Hütehunden oder Jagdhunden, wenn es nicht so wäre.
Man behielt also, wenn man nen guten Treibehund brauchte, bevorzugt die Tiger ... (alle Welpen im Wurf konnte man eh nicht aufziehen, es wurden nur die vielversprechendsten zwei bis drei Welpen behalten), helle Hunde dagegen, die ruhiger waren, weniger ausdauernd etc, wurden bevorzugt ausselektiert. Daher sind auch heute noch die Rassen, die von diesen Treibehunden abstammen, meist dunkel, es gibt kaum weiße Treibehunderassen (Schafpudel war weiß - aber das war kein reiner Treibehund, der hatte eher Hüte- und Begleitaufgaben, ähnlich wie die Hunde der Pußta)
Heute weiß man ja alles besser, da gibts eigentlich nur noch wenige Merkmale, wonach gegangen wird: Aussehen, Gangwerk ... so im großen und ganzen wars das schon. Oder im Nutztierbereich beispielsweise Milchleistung ... alles andere ist unwichtig.
Wenn man jedoch nur auf wenige Merkmale hin züchtet, kommt man zwar schneller zum Ziel, aber man ignoriert damit, daß ein Tier nunmal aus ein wenig mehr besteht, wie einigen wenigen, gut meß- und beobachtbaren Merkmalen ... und irgendwann zahlt man den Preis für diese ignorante Zuchtwahl. Die Zuchtprodukte entsprechen zwar im Ideal dem Zuchtziel - aber sind letztendlich nicht mehr ohne extreme Eingriffe des Menschen lebensfähig! Diese Tiere können nur noch unter hohem Fütterungs- und Haltungsaufwand am Leben gehalten werden!
4. Die Anzahl der absoluten Spitzentiere wird mit künstlichen Methoden extrem erhöht, so stammen beispielsweise in Deutschland ca. 70% der Holstein Frisian Rinder von nur einem einzigen Bullen ab! Bei den deutschen Schäferhunden sind zwei besonders hoch prämierte Rüden unter den Vorfahren fast aller deutschen Schäferhunde zu finden, und das sowohl unter den Vorfahren der mütterlichen Seite, als auch den Vorfahren der väterlichen Seite.
In ausnahmslos allen früheren Zuchtsystemen gab es das nicht, schon alleine die artgemäße Partnerwahl setzte dem recht schnell einen Riegel vor. Ein Rüde um 1900 durfte in seinem Leben vielleicht, wenn es hochkommt, fünf, sechs, vielleicht auch zehn Hündinnen beglücken - mehr nicht! Schon um 1970 hatte ein deutscher Schäferhund Spitzenrüde im Monat  10 - 20 Hündinnen zu decken! Mit künstlicher Besamung sind ganze Hundertschaften an gedeckten Hündinnen von nur einem einzigen Rüden möglich und in der Pferde- und Nutztierzucht sogar inzwischen Gang und Gebe ... eine weitere unzulässige Einengung des Genmaterials.

Das Ziel, was eine Verbesserung darstellt und der Weg, dahinzukommen, haben sich also radikal geändert und entsprechen nicht mehr dem, was uns die Natur vorgibt ... da liegt der Fehler, nicht in der Veränderung des Genmaterials.
Es ist sogar so, daß die morderne Art der Rassenzüchtung zu einer extremen Einengung des Genmaterials und damit auch einer extremen Einengung der möglichen Erbveränderungen führt. Damit wird die Zucht zwar leicht überschaubar, aber eben auch immer anfälliger, weil sich das Erbmaterial mehr und mehr konserviert. Ändert sich das Zuchtziel, kann aus solchen Hochleistungspopulationen heraus nicht mehr reagiert werden ... das sind Sackgassen, weiter nix.
In einer Populationszucht dagegen bleiben viele Varianten bestehen und erhalten, die zwar in der jetzigen Kombination nicht viel Sinn ergeben - aber vielleicht in einer neuen Kombination oder mit einer neuen Erbveränderung besonders fitte Tiere ergeben. Das ist nicht vorhersehbar. Nur die endgültigen Querschläger und die Pechvögel werden nicht zur Fortpflanzung kommen - aber da es zu den Pechvögeln immer auch ähnliche Genkombinationen gibt mit ähnlichen Veränderungen, überleben diese Genkombinationen dennoch, wenn sie fitte Nachkommen ermöglichen. Was nicht fit ist, fällt fast immer raus ... je fitter, desto mehr Nachkommen - aber nicht nach oben hin offen, das ist immer irgendwo gedeckelt mit der Anzahl der Nachkommen.

Meeriemama:
Es gibt aber schon viele Züchter, die diesen Wahnsinn nicht mehr mitmachen, dass ein Tier einer bestimmten Rasse (z.B. bei den  Hunden) nicht für die Zucht geeignet sein soll, weil ein weißes Abzeichen etwas zu groß ausfällt. Die züchten in Dissidenzvereinen, wo mehr Wert auf die Ergebnisse der Gesundheitsuntersuchungen gelegt wird als auf das äußere Erscheinungsbild der Zuchthunde.
Finde das Thema hier auch sehr interessant, obwohl ich natürlich nicht viel davon verstehe, und auch  eher naiv mit dem Thema "Homöopathie" umgehe.
In meinem Weltbild passiert uns nichts, was wir nicht selber erleben wollen, also auch alles, was wir so an Krankheiten durchmachen. Viele Krankheiten spielen sogar eine wichtige Rolle bei unserer spirituellen Entwicklung, glaube ich. Von daher finde ich persönlich es nicht unbedingt sinnvoll, von vorneherein Krankheiten verhindern zu wollen.
Wir denken ja immer, ein krankes oder behindertes Tier müsste automatisch an seiner Existenz leiden. Auch das muss man differenzierter sehen, glaube ich.
Da auch Tiere beseelte Geschöpfe sind, brauchen sie ja vielleicht auch die Erfahrung von Krankheit oder Behinderung, um sich spirituell weiter entwickeln zu können?
das mal so als Denkanstoß, abgesehen vom Evolutionsgedanken, der ja Mutationen für die Weiterentwicklung des Lebens vorraussetzt.

Tiefseetaucher:
Puh, ein schwieriges, aber unheimlich interessantes Thema haben wir hier!   :bravo:

Man kann das aus ganz unterschiedlichen Richtungen betrachten und jede für sich wäre in sich logisch. Die Frage nach "richtig" oder "falsch", stellt sich also mal wieder eigentlich nicht. Daher habe ich auch 2 Meinungen dazu:

1. finde ich es aus rein naturwissenschaftlicher Sicht verwerflich und ethisch mehr als bedenklich, präventiv oder überhaupt in das Erbgut einzugreifen. Ob das Mittel dazu aus der Schulmedizin, Homöopathie, TCM oder sonstwoher kommt, ist mir schnurz, der Mißbrauch ist vorprogrammiert. Da finde ich Murx' Erläuterungen sehr schlüssig. Erbgutveränderungen können positiv oder negativ sein, wer entscheidet das? Natürliche Auslese sei da mal noch als Stichwort gegeben. Man muss doch nicht zwingend mit einem "belasteten" Tier züchten - zumal eine mögliche Belastung ja gar nicht immer eindeutig ist, klar.

2. denke ich ähnlich wie Meeriemama. Nichts geschieht ohne Grund, jedes Symptom, jede "Krankheit", wie auch immer man es nennen möchte, hat seine Berechtigung. Dem Verarbeiten da vorauszugreifen, sei es auch mit guten Absichten, halte ich auch für schwierig. Wie können Seelen dann noch ihre Aufgaben bewältigen, ihren Frieden finden?

Der gute Wille ist sicherlich da, doch im Großen und Ganzen bin ich mehr als skeptisch.

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