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Tierärzte - Pro und Contra

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Tiefseetaucher:
Ihr Lieben!

Da es nun vereinzelt im Forum schon Meinungen und Äußerungen dazu gab, möchte ich uns hier die Möglichkeit geben, über Pros und Contras von Tierärzten zu diskutieren. Wichtig ist, dass es sachlich bleibt, sprich, niemand wird an den Pranger gestellt, niemand wird in den Himmel gelobt oder der andere verteufelt. Es geht um Erfahrungen, Meinungen, vielleicht sogar Ideen usw. Jeder hat eigene Erlebnisse, die nicht abgewertet oder verurteilt werden. Wir haben alle mal als Tierhalter angefangen, das bitte nicht vergessen.

Auch wenn wir hier alles erwachsene Menschen sind, setze ich diese Hinweise voran, weil es hier auch um Emotionen geht. Tiere sind vielleicht gestorben, man fühlt sich leichter beschuldigt, etwas falsch gemacht zu haben oder ähnliches und liest einen Beitrag verschärfter, als er gemeint war. Sowas möchte ich verhindern.

Danke euch.  :-)

Tiefseetaucher:
Beginnen möchte ich gleich mit 2 Zitaten aus diesem Thema http://das-meerschweinchen-forum.de/index.php?topic=390.0  :


--- Zitat von: moal am 01. Juni 2014, 00:23 Uhr ---[OT]Ich habe auch für meine Katzen schon mehrfach Diagnosen erhalten die nicht ansatzweise dem entsprachen, was der Fall war. So wurde bei einem Kater Malt-Soft-Paste verordnet, weil er zu viel Haare geschluckt hatte, die korrekte Diagnose war chronische Niereninsuffizienz. Mein anderer Kater hatte einen Virusinfekt und musste eingeschläfert werden, korrekt hatte er eine vereiterte Bauchfellenzündung und kam nach einer OP und intensiver Behandlung durch. Dieser oberflächliche Pfusch bei Tierärzten nimmt nach meinem empfinden von Jahr zu Jahr zu. Und je kleiner die Tiere umso weiter muss man reisen um eine Behandlung zu bekommen, die neben dem Geldbeutel des Tierarztes auch dem Tier noch hilft. Traurig aber wahr.[/OT]

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: Smoky am 01. Juni 2014, 10:54 Uhr ---@moal:
Und so geht es nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Menschen...diese ständige Suche danach, Symptome in irgendeine Diagnose einzuordnen ist für mich ein Grundübel der SM (=Schulmedizin)-Behandlung.

Viele Tiere wurden bestimmt schon eingeschläfert, weil die TÄ nicht mehr weiter wußten und die Lebenskraft schon so weit blockiert wurde durch die Behandlung, dass es dem Tier richtig schlecht ging...und dann auch sicher die richtige Entscheidung war, um weiteres Leiden zu verhindern.

--- Ende Zitat ---


Vielleicht wollt ihr beiden hier noch mehr dazu schreiben?

Smoky:
Ach je, tiefsee, was soll ich sagen?
Am besten ich halte mal meinen Info-Vortrag :g:

Die TÄ möchte ich aber gern etwas verteidigen: ich denke, die meisten wollen doch nur helfen und machen alles, was sie gelernt haben. Nur leider kommen sie oftmals nicht weit, da sie nur gelernt haben, wie man Symptome entfernt, was ja die meisten Tierbesitzer auch wollen und verlangen.
Das war schon immer so, und es wurden die unterschiedlichsten Wege gesucht.
Das hat aber mit wirklicher Heilung leider nichts zu tun.

Irgendwann hat der Organismus dann keine Kraft mehr, noch Symptome zu bilden...alle freuen sich, nichts mehr zu sehen! Wirklich?
Steht im hinteren Teil des Büchleins. Lies es doch bitte nochmal.

Oder die Krankheit verlagert sich. Menschen werden dann zum nächsten Spezialisten geschickt...

Das größte Übel ist die Unterdrückung von Symptomen (§75 im Organon)

Mein gern zitierter Satz meines Lehrers: "Nur wer den Mut zur Krankheit hat, kann zu wahrer Gesundheit finden"
Da steckt im Grunde alles drin.

Heilung erkennt man auch daran, dass es dem Patienten psychisch besser geht, er mit dem Leben allgemein  besser zurecht kommt, auch wenn noch körperliche Symptome zu sehen sind.

Was ich noch sagen möchte:
Jeder hat die Wahl, jede Seele sucht sich ihren Platz, um den ihr vorgegebenen Weg gehen zu können.
Niemals ist irgendwer schuld.
Eigentlich ist es ein undankbarer Job, den ich da habe...immer wieder sage ich, was ich denke, und nur bei sehr wenigen kommt es richtig an, die meisten fühlen sich angegriffen (ich sage ja indirekt: ihr macht was falsch, das geht ja mal gar nicht ;))
Aber ich kann es nicht lassen, weil ich denke, nur wirklich wählen kann man, wenn man alle Wahlmöglichkeiten kennt.

Erfahrungen habe ich dazu viele...mit SM einfach nicht weitergekommen (meistens), oder gar keine Behandlungsmöglichkeit erkennbar, dann falsche Homöopathie, die alles noch erschwert hat oder einfach nichts bewirkt hat, teilweise nicht mal die damals noch von mir erwünschte Symptomentfernung, und die Psyche hat dann verrückt gespielt...aber ich sehe, dass trotzdem oftmals noch geholfen werden kann.

SM ist oft so kompliziert im Denken, und die Angst beherrscht vieles. Diese Hilflosigkeit oftmals macht mich traurig...

Pro TA:
Kastrationen, die leider nötig sind, OP z.B. bei Knochenbrüchen. wenn der Organismus zu sehr geschwächt ist, geht es manchmal (aber selten ;)) nicht ohne AB, Zahnkorrekturen (wobei es auch ohne geht, wenn die Lebenskraft fließen kann, also nicht blockiert ist)
Wer keinen anderen Weg weiß, oder nicht den Mut dazu hat, dem wünsche ich einen TA, der einfühlsam ist, viel Zeit hat, und lieber mal sagen kann: da weiß ich nicht so genau Bescheid, aber ich informiere mich, bevor er drauf los behandelt.

Contra, aber auch contra allen Behandlern, deren Ziel es ist, nur Symptome entfernen zu wollen, die es aber nicht anders gelernt haben:
für mich Behandlung auf der falschen Ebene, mehr brauche ich nicht zu sagen.

Saubergschweinchen:
Oh, schön. Wenn es nun ein eigenes Thema ist dann möchte ich hierzu noch meine Gedanken äußern.


--- Zitat ---Mein anderer Kater hatte einen Virusinfekt und musste eingeschläfert werden, korrekt hatte er eine vereiterte Bauchfellenzündung und kam nach einer OP und intensiver Behandlung durch. Dieser oberflächliche Pfusch bei Tierärzten nimmt nach meinem empfinden von Jahr zu Jahr zu.
--- Ende Zitat ---

Hier würde ich einem TA nicht gleich Fusch unterstellen. FIP ist eine sehr verbreitete Erkrankung die genau mit diesen Symptomen einher geht und nicht heilbar ist. Ein Tier mit FIP-Verdacht sollte (je nach Zustand) eingeschläfert werden. Ich kenne die genau Diagnosestellung nicht aber für mich klingt das erstmal nach einem FIP-Verdacht. Und eine vereiterte Bauchfellentzündung kann auch nicht jeder TA behandeln und da es eine schwerwiegende Erkrankung mit langem, schwierigen Verlauf und hohem Leidensdruck für das Tier ist finde ich es nicht verwerflich das es TAs gibt die dann eher zur Eutha raten.
Natürlich nachdem alle Optionen besprochen wurden.


Versteht mich nicht falsch, ich möchte niemanden in Schutz nehmen aber ich finde es auch nicht gut wenn pauschal alles verurteilt wird und jeder Behandlungsschritt eines Tierarztes verteufelt wird wenn er nicht ins eigene Weltbild passt.
Ich habe in meiner Zeit in der Praxis sehr viel Fusch gesehen, man muss als Helfer daneben stehen und den Mund halten auch wenn offensichtlich falsch behandelt wird oder falsch beraten wird. Gerät man an gute Tierärzte dann erfragen sie die Stärken der Helfer und überlassen Beratungen zu bestimmten Fachgebieten eher der Assistenz. So bekam ich eine eigene Beratungssprechstunde zu Ernährungswiesen und Heimtierhaltung. Aber auch nur in einer einzgen Praxis, denn es ist kein Geheimniss das viele Tierärzte einen gewissen Gottkomplex haben und immer tun als ob sie alles wissen.

Die Wahl des Tierarztes ist für den Laien sehr schwierig, die Kompetenz abzuschätzen erfordert schon ein gewisses Maß an Erfahrung und auch Eigenrecherche kann sinnvoll sein. Was nicht gut tut ist sich durch Foren zu wühlen , sich Diagnosen herauszusuchen und jeden TA für inkompetent zu erklären der nicht der eigens recherchierten Meinung zustimmt. Das ist nicht gesund und hilft niemandem.

Ich selbst gehe zu verschiedenen TAs, jeder hat seine Stärken und mit jedem habe ich schon zusammengearbeitet. Ich weis also genau wie diese TAs arbeiten.

Es gibt viel schlimmes, und ich habe auch schon mehr als genug davon gesehen, niemals würde ich eines meiner Tier stationär in einer klinik belassen. Der Umgang mit kranken teils unwilligen Tieren kann haarsträubend sein, man halte sich vor Augen wie unterbezahltes, überarbeitetes, gestresstes Personal mit verängstigten Tieren umgeht.
Ich habe einmal ein Probearbeiten abgebrochen als der TA selbst körperliche Gewalt gegenüber einem ängstlichen Hund anwendete. Nachfolgende Gespräche mit den anderen Helferinnen ergaben das das nur die Spitze des Eisberges war...

Viele Tierärzte verdienen schlecht und arbeiten zu viel, selbstständige leiden unter Existenzängsten denn jeden Mädchen das gern "Wendy" liest studiert irgendwann Tiermedizin.  Was Nager und Kaninchen angeht ist die Ausbildung mieserabel, im ersten Lehrjahr wusste ich weit mehr als die fertig studierten über Meerschweinchen, Einzelhaltung (damit sie schön zahm werden), die Eignung als Kinderspielzeug und die Fütterung von ausschließlich Heu und Wasser sind eine verbreitete Einstellung zum Tier.
Zur Fütterungsempfehlung kommt noch der nicht unerhebliche Einfluss der Futtermittelindustrie, fragt man einen TA danach was Katzen sind wird er klar antworten "Fleischfresser", fragt man ihn was das beste Futter ist werden Trockenfutter der Riesen Hills, Royal Canin und Eukanuba empfohlen die hauptsächlich aus Getreide bestehen.
Was Nager und Kaninchen angeht regiert Bunny den Markt, die einigen Seminare für Helferinnen sind von Bunny gestützt, man kann sogar ein Wochenende lang ins Zentrum fahren und dort die Akademie besuchen, dort wird ausdrücklich nur Bunny-Futter propagiert und nebenbei noch Kaninhop als "tolle Beschäftigung" vorgestellt.
Ich habe beides mitgemacht und kann nur sagen....die können nichts dafür. Es wird ihnen nichts anderes beigebracht.

Einer guten Freundin, meiner Nagerzahnexpertin, habe ich "Kaninchen würden Wiese kaufen" geschenkt. Sie hat mich mild belächelt, denn schließlich wurde im Studium etwas völlig anderes gelehrt. Ich werde es sacken lassen und kann nur hoffen das sie es mal ausprobiert und mit eigenen Augen sieht was mit den Kaninchen darunter passiert.

Jeder braucht irgendwann mal einen TA und es sollte keinesfalls in eine emotionale Hetzjagd gegen alle Tierärzte ausufern nur weil sich schlechte Erfahrungen scheinbar häufen. Es darf auch nicht vergessen werden das wir hier nur einen Ausschnitt sehen, einen Ausschnitt aus schlechten Erfahrungen und Horrorgeschichten, aber diejenigen die einen guten TA haben werden hier nicht schreiben und so erscheint es plötzlich als wären alle schlecht. Das ist aber nicht so, es gibt viele gute und auch welche die sich sehr sehr bemühen. Was der engagierte TA oft erlebt ist das die Besitzer nicht wollen, es darf kein Geld kosten und schon garnicht den Wert des Tieres überschreiten. Irgendwann resignieren die jungen, dynamischen Tierärzte und bieten eben keine teuren Behandlungen/Untersuchungen mehr an und arbeiten nach Standart.

Wir müssen uns vor Augen halten das wir hier schon eine besondere Art Meerschweinchenhalter sind, 90% der "realen" Halter ticken leider ganz anders und so ist es meiner Ansicht nach auch unsere Aufgabe dem TA deutlich zu zeigen das wir nicht die Standartbehandlung wollen sondern gute Diagnostik die auch was kosten darf. Dann wird der gute TA auch anders handeln als beim "typischen" Halter bei dem er nichts tun darf.

Wird sicher ne spannende Diskussion, ich hab bestimmt viel vergessen das reich ich später noch nach.

Smoky:
Gut geschrieben, Steffi! :winke:

Da kann ich dazu sagen, dass ich zum Glück mittlerweile zwei gute TÄ kenne, die Auswahl in München und Umgebung ist ja groß und ich habe schon einige "ausprobiert"

Eine bewundere ich dafür, dass sie nicht so geräteabhängig ist, sprich: sie kann auch gut den Zustand ohne Röntgen (Probeme im Bewegungsapperat) beurteilen, leitet aber weiter, wenns doch nicht anders geht.

Die andere nimmt sich viel Zeit, besucht Fortbildungen und ist besonders was Nagerzähne betrifft ein Ass.
Gespräche im Wartezimmer ergaben immer eine hohe Zufriedenheit der Patientenbesitzer, sogar die Hunde kamen bisher immer gern mit rein, was ja auch was heißen will ;)

Diese beiden sehen mich ab und zu, da sie auch meine Vorgehensweise akzeptieren, z.B. sie richten die Zähne, den Abszess überlassen sie dann aber mir.

So manche(r) TA ist allerdings Gott in Weiß, denen sehr wichtig ist, dass ihre Kompetenz nicht in Frage gestellt wird.
Teilweise gibt es schaurige Beratung (z.B. Schimmelbub doch einfach mal verpaaren), aber auch oftmals sehr gute, auch wird akzeptiert, dass sich jemand, der jahrelang Meerschweinchen hält, auch ihnen noch neues erzählen kann  und die Info wird gerne angenommen ;)

Das ist für mich ein wichtiger Punkt: Bereitwilligkeit dazuzulernen, oder auch mal einen Fehler oder (noch) Unsicherheit zuzugeben ;)

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