Hi,
einige haben ja schon fleißig Daumen gedrückt, drum möchte ich euch natürlich nicht im Dunkeln darüber lassen was hier in den letzten 48h Stunden los war.
Mir ist durchaus bewusst das man wenn überhaupt nur hier ganz offen mit so einem emotionalen Thema umgehen kann und habe mir die Entscheidung darüber zu schreiben dennoch nicht leicht gemacht.
Ich habe mich dafür entschieden, vor allem um die therapeutischen Möglichkeiten und Erfolge zu veröffentlichen und zu zeigen das es nach großem Unglück auch mal kleine Wunder gibt.
Was war passiert?
Am Sonntag habe ich den ganzen Tag bei den Schweinen verbracht, es wurde gemistet, gewogen, frisiert, vermessen und sich total über die Entwicklung der Babys gefreut. Alle gesund, munter und propper.
Zum Abendessen gab es frisch gesenste Wiese von unserem zweiten Grundstück. Ich sense immer abends zwei große Portionen, die gibt es dann am selben Abend und am nächsten Morgen, über Nach bleibt es frisch.
Montagmorgen gab es den Rest und ich fuhr zur Arbeit, wir hatten dort diverse Katastrophen und einen Computerkrasch sodass ich erst spät abends heim kam und keine Zeit hatte Futter zu holen, die Tiere brauchten aber ihre Abendration also entschied ich es ist Laubtag (mach ich immer mal zwischendurch wenn es nicht ad lib Wiese gibt), rannte also durch den Garten und sammelte Brombeerlaub, Johannisbeerlaub, Wein usw.
Das bekam die Mädelsgruppe, für die Bockgruppe entschied ich mich den Haselstrauch auf der Grundstücksgrenze mal wieder intensiv zu verschneiden damit er nicht in Nachbars Garten ragt. Wäre es nicht schon halb dunkel und ich so fertig gewesen hätte ich vlt. was bemerkt....
Ich fiel wie Tod ins Bett, stellte mir aber den Wecker auf 5:00 Uhr weil ich am nächsten Morgen natürlich noch zur Wiese fahren musste um Futter zu holen.
Ich betrete also 5:20 Uhr meinen Stall um die Sense zu holen....ein flüchtiger Blick, wo sind die Böcke? Kein Rea stand pöbelnd an der Abgrenzung und beschwerte sich das es noch kein Frühstück gibt.
Zwei muntere Babyböcke und Nottier Caligula liefen durchs Bild...aber der Rest?
Ich ging hinein und war plötzlich hellwach...
Sieben Tiere waren im Gehege, 3 unauffällig, 2 mit gesträubtem Fell in der Ecke, 2 in Seitenlage und nicht ansprechbar.
Ich ging im Kopf den Notfallplan durch. Was habe ich an Medis?
4 Infusionen (Elektrolytlösung) wurden aufgezogen, grob geschätzt nach dem KGW, ich entsann mich an die Rinderpraxis "Catosal hilt Colossal" - gleich mit in die Infusion
Den schlechtesten zuerst raus gefischt, eiskalt, ich die Infusion angewärmt, das Thermometer sagte "micht messbar", die Hoffnung schwand - der kleine starb kurz nach der Infusion
Der größte und schwerste, Rea war ebenfalls nicht ansprechbar und hatte nur noch 35,2°C Temperatur, auch hier warme Infusion aber keine Hoffnung.
Mittlerweile lies mein Kopf ein paar klare Gedanken zwischen der ganzen Verzweiflung zu - Vergiftung - Aktivkohle - wurde angerührt und verabreicht, soviel wie nur ging.
Ich legte Heizmatten aus und versuchte den sterbenden Rea irgendwie wieder warm zu bekommen. Die beiden die besser drauf waren bekamen nach der Infusion wässrigen Durchfall, ein Heilerde-Fencheltee-Kohle-Gemisch schlabberten sie freiwillig in großen Mengen weg.
Rea bekam es eingegeben aber er gaste auf, also noch Colosan dazu denn er wollte leben. Zwischendurch Internet-Recherche und Ursachenforschung.
Wieso? Was habe ich falsch gemacht?
Die Antwort brachte mein Großvater, er hatte die Nacht im Schlaflabor verbracht und war am Abend zuvor schon weg gewesen. Er kam gegen neun, ich erzählte was los war und was ich gefüttert hatte.
In unserem Garten gibt es keine Chemikalien, es ist alles ganz natürlich...
Aber der Nachbar, der hatte am Montag das Unkraut auf seiner Seite des Zaunes vergiftet, dort wo ich das Hasellaub im Dunkeln geschnitten hatte. Und das hatte auch nur die Bockgruppe bekommen
Ich klingelte umgehend, ich wollte zumindest wissen womit um weiter reagieren zu können und da kam es noch schlimmer. Er habe da noch so "gutes" Zeug aus DDR-Zeiten, "das Ettiket kann man schon seit 20 Jahren nichmehr lesen aber das wirkt besser als der neumodische Öko-Kram"
Ich gehe also vom schlimmsten aus, von einer Paraquat-Vergiftung oder ähnlich gefährlichem Zeug, das würde auch die Heftikkeit der Symptome in der rel. kurzen Zeit erklären. Immerhin waren nichtmal ganz 8h vergangen und sie hatten von dem Hasellaub auch nicht viel gefressen ich denke sogar sie haben sich eher durchs drüberlaufen und putzen vergiftet.
Bis gestern abend konnte ich Rea´s Temperatur auf 37°C bringen und er konnte den Kopf wieder heben und zeigte auch Apetit....letzte Nach im Stall "geschlafen" denn diese Anzahl an Patienten kann ich nicht mit ins Bett nehmen, unter Kohle und Heilerde formt sich der Kot langsam wieder aber sie haben alle viel Luft im Bauch. Heute morgen konnte Rea wieder betteln und war auf 38,5° hoch.
Das ist für mich ein großes Wunder, ich habe noch nie erlebt das man ein Tier aus unter 36°C Körpertemperatur und Seitenlage zurück ins Leben holt.
Nun heisst es hoffen das die Spätschäden sich in Grenzen halten, ich werde ihm heute oder morgen Blut abnehmen um nach den Organen zu schauen.
Die anderen beiden sind scheinbar nochmal glimpflich weggekommen aber ich bin weiter wachsam, es ist noch niemand über den Berg.
Die beiden anderen Jungtiere und der Notbock sind völlig in Ordnung, ich denke sie haben als rangniederste Tiere einfach nicht gleich fressen dürfen bzw. frisst der Notbock eh nicht alles. Die kräftigsten hat es am schlimmsten erwischt und der Verlust von Al Capone trifft mich mitten ins Herz aber es hätten eben auch alle sterben können, vlt. sogar wenn ich eben nicht eher aufgestanden wäre.
Ich mache mir natürlich Vorwürde warum ich nichts bemerkt habe, warum das so gemein gelaufen ist, so ein blöder Zusammenhang.
Ich spreche sonst jeden Abend mit meinem Großvater, der hätte mich gewarnt.
Ich muss nie im Dunkeln Futter zusammensuchen und vor allem gibt es nie eine so einseitige Ration, hätte es einen großen berg Wiese wie sonst gegeben hätten sie das vergiftete Zeug doch liegen lassen...
Ich empfinde das alles als große Gemeinheit denn ich gebe mir solche Mühe mit meinen Tieren und dann sowas dämliches, weil man einmal einen stressigen Tag hatte
Heute bin ich wieder arbeiten aber mein Mann schwänzt die Uni um für Wärme und Medis zu sorgen, das letzte Update besagte das Rea wieder recht munter ist und zumindest sein Männerhass (der liebt nur Frauen) wohl in vollem Umfang wieder hergestellt ist.
Ich wünsche sowas niemandem und vor allem wünsche ich es keinem der auf die Hilfe eines Tierarztes angewiesen ist.
Erschöpfte und traurige Grüße
Steffi